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Imageverlust nach Selbstanzeige

Carla Bleiker4. Februar 2014

Uli Hoeneß' Prozess wegen Steuerhinterziehung beginnt am Montag. Obwohl er Selbstanzeige erstattet hatte, muss er sich vor Gericht verantworten. Das ging nicht allen prominenten Steuerhinterziehern so.

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Uli Hoeneß weint bei FC Bayern München Jahreshauptversammlung. (Foto: Marc Müller/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Hoffnung von Hoeneß, mit einer einfachen Rückzahlung seiner Steuerschulden Anonymität zu erhalten, hat sich nicht erst mit Prozessbeginn zerschlagen. Der FC Bayern-Präsident hatte auf das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz gesetzt, das Ende 2012 im Bundesrat gestoppt wurde. Wäre es durchgekommen, wäre wohl auch Hoeneß straffrei davongekommen. So stellte er im Januar 2013 Selbstanzeige. Die Staatsanwaltschaft München verdächtigte ihn jedoch, nicht alle Gelder offengelegt zu haben. Deswegen muss Hoeneß am Montag vor dem Richter erscheinen.

Anders Alice Schwarzer: Die bekannte Feministin muss nicht vor Gericht, weil ihre Selbstanzeige wohl vollständig war: Ganze 200.000 Euro hat sie angeblich nachgezahlt, das soll alle Schulden abgedeckt haben - zumindest die, die nicht schon verjährt sind. Der Fall wurde im Februar 2014 bekannt. Die Frauenrechtlerin hatte die Zinsen ihres Schweizer Kontos nicht ordnungsgemäß gemeldet. Laut Schweizer Medien hatte sie bis rund 3,5 Millionen Euro bei einer Privatbank angelegt - Geld, das sie immer wieder selbst im Auto über die Grenze gebracht haben soll.

Ein besonders tiefer Fall

Warum war die Empörung in der Öffentlichkeit bei Bekanntwerden von Schwarzers Steuerbetrug so groß? Die 71-Jährige war seit Jahrzehnten so etwas wie der erhobene Zeigefinger der Nation, wenn es um Frauenrechte ging. Die Chefredakteurin der feministischen Zeitschrift "Emma" wurde in viele TV-Talkshows eingeladen, in denen Themen wie Gehaltsunterschiede zwischen den Geschlechtern oder Prostitution besprochen wurden. Sie galt auf ihrem Feld als moralische Instanz, die andere häufig scharf für Ansichten kritisierte, die sie für falsch hielt. Der Image-Verlust, der Alice Schwarzer durch ihr eigenes Fehlverhalten entstand, ist erheblich.

Alice Schwarzer. (Foto: JOHANNES EISELE/AFP/Getty Images)
Alice Schwarzer verlor durch die Steueraffäre viel von ihrer GlaubwürdigkeitBild: Johannes Eisele/AFP/Getty Images

"Fehlbarkeit der Bürger"

Manfred Lütz, katholischer Theologe und Psychiater kritisiert, wie in den Medien und sozialen Netzwerken mit Alice Schwarzer umgegangen wurde. "Sie hat einen erheblichen Fehltritt begangen, den man durchaus auch kritisieren muss", so Lütz. "Aber es muss alles im Rahmen bleiben." Außerdem bedeute es nicht, dass man die kulturellen Leistungen von Alice Schwarzer "in die Tonne hauen" könne.

Bei reichen Prominenten sind die Summen natürlich größer, aber auch viele Normalbürger betrügen bei der Steuer. Der Wunsch, sich heimlich Vorteile zu verschaffen, komme beim Menschen eben vor, sagt Lütz: "Die Selbstanzeige rechnet mit einer Fehlbarkeit der Bürger." Er hält das Gesetz, das Straffreiheit gegen Einsicht und Nachzahlung vorsieht, auch weiterhin für sinnvoll.

Ist die Selbstanzeige ein Auslaufmodell?

Einige Politiker sehen das anders. Steuerhinterziehung ist das einzige Vergehen in Deutschland, bei dem man durch eine Selbstanzeige der Bestrafung entkommen kann. Bei Drogenmissbrauch oder Diebstahl geht das nicht. "Wir müssen darüber reden, ob die strafbefreiende Selbstanzeige noch zeitgemäß ist", sagte der Vize-Fraktionsvorsitzende der SPD, Hubertus Heil. Und auch Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD) ist dafür, Steuersünder strenger zu verfolgen und zu bestrafen.

Motivwagen beim Rosenmontagszug in Mainz: Uli Hoeneß kriegt einen Ball mit der Bezeichnung "Selbstanzeige" ins Gesicht, den er zuvor ins Finanzamt geschossen hat. (Foto: Fredrik von Erichsen/dpa)
Beim Rosenmontagsumzug Anfang März in Mainz wurde Hoeneß mit einem Motivwagen auf die Schippe genommen, der seine Selbstanzeige als Eigentor darstellt.Bild: picture-alliance/dpa

Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) verlangte im Westdeutschen Rundfunk, dass die "Strafbefreiung reduziert wird". Er schlägt zum Beispiel härtere Regeln vor, wenn es um große Summen Geld geht: "Die Strafbefreiung muss sich beschränken auf kleinere Fälle, weil man bei den großen wirklich nicht davon ausgehen kann, dass irgendwo etwas falsch gelaufen ist, sondern dass da bewusst betrogen wurde."

Der Koalitionspartner ist vorsichtiger. CDU-Finanzexperte Norbert Barthle sagte der ARD: "Wir brauchen die Selbstanzeige, so lange es Steueroasen gibt. Nur so kommt der Staat an das ihm zustehende Steuergeld."