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Politik

SEK-Mann schwebt in Lebensgefahr

19. Oktober 2016

Ein Anhänger der "Reichsbürger" hat bei einer Razzia im bayerischen Georgensgmünd auf Polizisten geschossen. Innenminister Herrmann spricht von einer "nicht gekannten Eskalation". Ermittelt wird wegen versuchten Mordes.

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Georgensgmünd Reichsbürger schießt auf Polizisten Bayerns Innenminister Joachim Herrmann
Bild: picture alliance/dpa/D. Karmann

Ein sogenannter "Reichsbürger" hat bei einer Razzia in Georgensgmünd bei Nürnberg auf Polizisten geschossen. Vier Beamte wurden verletzt, ein Beamter des Spezialeinsatzkommandos (SEK) lebensgefährlich. Der Mann sei operiert worden, sein Zustand sei eher stabil, aber durchaus lebensgefährlich, berichtete Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (Artikelfoto). Ein zweiter Beamter des SEK habe einen Durchschuss im Oberarm erlitten, zwei weitere seien durch Glassplitter verletzt worden. Der CSU-Politiker sprach von einer "bisher so in Bayern nicht gekannten Eskalation".

Der 49 Jahre alte Anhänger der rechtsextremen "Reichsbürger" hatte sofort das Feuer auf die Einsatzkräfte eröffnet, als diese in sein Haus eindrangen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Mordes. 

Nicht mehr zuverlässig

Wie das bayerische Innenministerium mitteilte, sollten die Waffen des Mannes sichergestellt werden, die dieser zwar legal besaß. "Er galt jedoch als nicht mehr zuverlässig für den Besitz", erläuterte der Polizeisprecher. Daher wollte das Landratsamt Roth die Waffen einziehen. Zur Unterstützung waren sogar Spezialeinheiten ausgerückt. Der Täter konnte leicht verletzt festgenommen werden. 

Georgensgmünd Reichsbürger schießt auf Polizisten
Beamte der Spurensicherung und weitere Polizisten am Tatort in GeorgensgmündBild: picture-alliance/dpa/N. Armer

Die "Reichsbürger" erkennen die Bundesrepublik Deutschland nicht als Staat an. Stattdessen behaupten sie, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort. Häufig legen sie dabei die Grenzen von 1937 zugrunde. Vor diesem Hintergrund sprechen sie dem Grundgesetz, Behörden und Gerichten die Legitimität ab und akzeptieren amtliche Bescheide nicht. Etliche Akteure sind nach Einschätzung von Verfassungsschützern auch in der rechtsradikalen Szene aktiv.

30 bis 40 Personen aus dem "Reichsbürger"-Milieu sind laut bayerischem Verfassungsschutz dem Rechtsextremismus zuzuordnen. Insbesondere die Gruppe "Exilregierung Deutsches Reich" sei durch "völkische und antisemitische Ideologie" aufgefallen.    

Gefahr verharmlost? 

Nach den Schüssen von Georgensgmünd haben Linke und Grüne der Bundesregierung vorgeworfen, die von der Gruppe ausgehende Gefahr unterschätzt zu haben. "Die Vorfälle von Georgensgmünd zeigen erneut deutlich die Gefährlichkeit von Rechtsextremisten und Neofaschisten in Deutschland", sagte die Linken-Innenexpertin Ulla Jelpke der Nachrichtenagentur AFP. Die lange von den Behörden "gepflegte Mär, wonach es sich vor allem um Querulanten und Spinner handele", sei damit wohl widerlegt, betonte sie. Die Grünen-Abgeordnete Irene Mihalic nannte die "Reichsbürger" eine "reale Gefahr für die innere Sicherheit".

Früher Mister Germany

Es ist nicht der erste Vorfall dieser Art. Ende August war die Zwangsräumung eines Hauses in Sachsen-Anhalt eskaliert. Bei einer Schießerei in Reuden wurden der 41-jährige Hausbewohner schwer und zwei Polizisten leicht verletzt. Bei dem Hausbewohner handelte es sich um einen ehemaligen Mister Germany, der laut Polizei ebenfalls den sogenannten "Reichsbürgern" zuzurechnen ist. Die Polizei war dort mit einem Großaufgebot von rund 200 Mann angerückt, weil der Mann seinerseits eine erhebliche Menschenmenge mobilisiert hatte.

Ebenfalls im August schleifte in Baden-Württemberg ein der "Reichsbürger"-Szene zugerechneter Mann einen Polizeibeamten mehrere Meter mit dem Auto mit, als dieser ihn kontrollieren wollte. 

ml/sc/stu (dpa, afp)