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Schöner die Mäuse nie klicken

9. Dezember 2001

Riesige Zuversicht: Internet-Händler erwarten vom Weihnachtsgeschäft hohe Zuwachsraten. Eine Milliarde Mark Umsatz durch prenatales Online-Shopping.

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Reale Geschäfte beim virtuellen ShoppingBild: AP

Auf der Homepage des Versandhändlers Otto verschenkt eine braunhaarige Schönheit ihr bezauberndstes Lächeln. "Bald ist Weihnachten. Alles glitzert", strahlt die junge Frau und will einen Silberring für 97,79 Mark (50 Euro) unters Volk bringen. Vermutlich wird ihr das hundertfach gelingen und werden die Kassen ihres Auftraggebers nicht nur mit Silbergeld überlaufen: Bei Otto und den anderen Großen im Online-Shopping herrscht riesige Zuversicht für die Weihnachtssaison.

Besser als die USA

Philipp Humm, Deutschland-Chef des Internet-Buchhändlers Amazon, rechnet mit Zuwachsraten "im hohen zweistelligen Bereich". Auch in anderen Häusern sind die Erwartungen positiv. Damit könnte sich der Markt hier zu Lande deutlich besser zu entwickeln als in den USA, wo die Wachstumsraten beim Online-Shopping stark eingedampft sind.

Als "Web-Master" preist das "Manager-Magazin" Otto-Chef Michael Otto. Weil dessen Hamburger Konzern mittlerweile weltweit den zweitgrößten Umsatz im Internet-Shopping macht, kürte ihn das Wirtschaftsblatt obendrein zum Manager des Jahres. Otto wird voraussichtlich im laufenden Geschäftsjahr drei Milliarden Mark mit E-Commerce umsetzen und erwartet auch zu Weihnachten eine "merkliche Umsatzsteigerung", ohne konkrete Zahlen zu nennen. Das Frankfurter Versandhaus Neckermann wird deutlicher: "Wir rechnen fürs Weihnachtsgeschäft mit einer Steigerung von 70 bis 80 Prozent", sagt Sprecherin Ines Hennig. Damit würde der im vergangenen Jahr im Internet erzielte Umsatz von 200 Millionen Mark deutlich steigen.

Vier Prozent der Geschenke werden online bestellt

Die Unternehmen profitieren von einem echten Run auf die Einkaufsangebote im Netz, der trotz der schwächeren Konjunktur nicht nachlässt. Nach einer Studie der Deutschen Post kaufen mittlerweile von den 24 Millionen Internet-Nutzern in Deutschland 14 Millionen auch Online ein. Amazon-Chef Humm schätzt, dass die Terroranschläge vom 11. September dem Geschäft einen weiteren Schub gegeben haben. "Nach der Katastrophe hatten wir zunächst einen Umsatzeinbruch. Mittlerweile haben wir aber eine extrem positive Entwicklung", sagt Humm. Er habe den Eindruck, dass die Menschen jetzt verstärkt von zu Hause einkaufen.

Rund eine Milliarde Mark (511 Millionen Euro) werden nach Einschätzung des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE) wohl in der Weihnachtssaison per Internet umgesetzt. Damit würden vier Prozent der Geschenke online bestellt werden. Dieser immer noch deutliche Abstand zum klassischen Handel wird nach Ansicht Humms in den kommenden Jahren weiter schrumpfen. Es gebe beim Online-Handel insgesamt einen Nachholbedarf in Europa gegenüber den USA. So prognostiziere etwa eine Studie von Jupiter MMXI in den nächsten fünf Jahren in Europa doppelt so hohe Zuwachsraten wie in Übersee.

Nicht eitel Sonnenschein

Trotz der rosigen Erwartungen gibt es auch Negativmeldungen. Der HDE geht davon aus, dass einige Online-Händler bald ihre Sites schließen werden. Bereiche wie Lebensmittel oder Bekleidung konnten bislang im Netz noch nicht so recht Fuß fassen. Und für die Gruppe derjenigen, die sich erst auf dem letzten Drücker um Geschenke kümmern, kommt das Internet absolut nicht in Frage: Amazon etwa garantiert eine pünktliche Lieferung nur bei Bestellung bis zum 20. Dezember, bei Otto läuft die Frist am 21. gegen Mittag aus.