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Schäuble gegen den Rest der Politik

16. Januar 2016

Diese Erfahrung muss der Bundesfinanzminister nun angesichts seiner Idee einer europaweiten Benzinsteuer machen. Dass diese bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise helfen soll, ficht die Kritiker dabei nicht an.

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Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (Foto: Reuters/G. Cameron)
Bild: Reuters/G. Cameron

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat eine zusätzliche EU-weite Benzinsteuer vorgeschlagen, um die nötigen Finanzen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise aufzubringen. "Wir müssen die Schengen-Außengrenzen jetzt sichern. Die Lösung dieser Probleme darf nicht an einer Begrenzung von Mitteln scheitern", sagte der CDU-Politiker der "Süddeutschen Zeitung".

Schäuble hatte nach ergebnislosen Beratungen mit seinen europäischen Amtskollegen in Brüssel darauf gedrungen, über die vereinbarte Türkei-Hilfe von drei Milliarden Euro hinaus zusätzliches Geld der Mitgliedstaaten in die Hand zu nehmen. "Ich habe gesagt, wenn die Mittel in den nationalen Haushalten und dem europäischen Haushalt nicht ausreichen, dann lass uns zum Beispiel vereinbaren, dass wir eine Abgabe auf jeden Liter Benzin in einer bestimmten Höhe erheben." Einen Betrag nannte er nicht.

Klöckner: Pendler dürfen nicht die Zeche zahlen

Dennoch gab es geharnischte Kritik aus Union, SPD, Opposition und Automobilclubs an der Idee des Finanzministers. Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner, die Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz im März ist, lehnte solche Überlegungen ab. "Die Steuerquellen sprudeln, wir haben Rekordsteuereinnahmen und Haushaltsüberschüsse", sagte sie. Es sei deshalb nicht vertretbar, dass Pendler "nun die Zeche zahlen sollen". Angesichts der guten Haushaltslage des Bundes gebe es für eine Steuererhöhung nicht den geringsten Anlass. Der CSU-Politiker Hans Michelbach erklärte: "Wir haben den Bürgern versprochen, dass es mit der Union weder neue Steuern noch Steuererhöhungen gibt. Das ist mit der CSU nicht verhandelbar." Er fügte hinzu: "Die Sondersteuer-Idee ist angesichts eines Überschusses von zwölf Milliarden Euro im vergangenen Jahr außerdem völlig unverständlich."

Ein Auto wird betankt (Foto: Fotolia/Phototom)
Auf diese Weise dürfte Minister Schäuble kein Geld für die Flüchtlinge flüssig machen könnenBild: Fotolia/Phototom

Auch beim Koalitionspartner stieß Schäuble auf Ablehnung. "So eine Abgabe würde in erster Linie Klein- und Durchschnittsverdiener belasten", sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley. Schäuble sei stattdessen gefordert, die Finanztransaktionssteuer durchzusetzen, "damit auch Spekulanten einen Beitrag leisten". Der stellvertretende Parteivorsitzende Ralf Stegner erklärte: "Wir Sozialdemokraten wollen die Gesellschaft zusammenhalten statt sie mit einer neuen Flüchtlingsmaut à la Schäuble zu spalten." Und Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht twitterte: "Schäuble dreht durch: Statt Reiche sollen Autofahrer für Flüchtlinge zahlen. Besser kann man politisches Klima nicht vergiften."

Auch ADAC und AvD auf Gegenkurs

Der Automobilclub ADAC erklärte: "Nur weil der Sprit momentan günstig ist, ist das noch kein Grund, hier an der Preisschraube zu drehen." Es sei auch keine Lösung, wieder einmal nur die Autofahrer zur Kasse zu bitten. Der Automobilclub von Deutschland (AvD) forderte von der Bundesregierung eine stringent geplante Finanzierung der Flüchtlingspolitik, bevor über eine neue Zwangsabgabe diskutiert werde. 2015 waren Benzin und Diesel so günstig wie seit Jahren nicht, die Ölpreise sind weiter im Fall. Allerdings sinkt der Tankstellenpreis nicht so schnell wie der Ölpreis, weil auf den Kraftstoffpreisen stets die Mineralöl- und Mehrwertsteuer lastet. Nach Angaben des Mineralölwirtschaftsverbandes machte die Steuer im vergangenen Jahr durchschnittlich 87 Cent je Liter bei Benzin und 65 Cent bei Diesel aus.

sti/qu (afp, dpa, epd, rtr)