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Schwierige Zeiten für die Juden in den USA

5. Juli 2010

In den USA leben mehr Juden als in irgendeinem anderen Staat auf der Welt, sogar mehr als in Israel. Die meisten von ihnen wählten 2008 Barack Obama zum neuen US-Präsidenten, er sollte den Nahost-Konflikt lösen.

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Annandale, Virginia, ein Vorort von Washington. Die Linicks feiern Schabbat, sie machen das jeden Freitag, Debbie, Michael und ihre beiden Töchter. Auch Michaels Mutter Shelly sitzt mit am Tisch. Traditionell zünden die Frauen die Kerzen an. Die Großeltern der Linicks stammen aus Frankfurt und flüchteten nach der Machtergreifung Hitlers in die USA. Ihre religiösen Wurzeln vergisst Shelly jedoch nicht, im Grunde habe sie zwei Staatsangehörigkeiten: "Ich bin eine unheimlich patriotische Amerikanerin, bei der Nationalhymne kommen mir immer die Tränen. Beim Judentum ist es dasselbe Gefühl."

USA die jüdische Familie Linick in Virginia
Immer mit den Gedanken im "second homeland": die Familie LinickBild: DW

Fast 10.000 Kilometer sind es von Annandale bis nach Tel Aviv. Doch die Verbindung zum Staat Israel ist stark. Die Linicks waren schon oft in Israel. Wenn eine ihrer Töchter entscheiden würde, eines Tages nach Israel auszuwandern, dann wäre Debbie stolz: "Israel kann eine Lebensversicherung sein. Ich hoffe, dass wir nie aus den USA fliehen müssen, aber Israel bedeutet Sicherheit und wir sind sehr dankbar, dass es existiert."

Von Obama enttäuscht

Für Debbie ist Israel die einzige Demokratie im Nahen Osten. Doch genau diese demokratischen Werte Israels werden von der internationalen Gemeinschaft in den letzten Monaten angezweifelt. Der Vorfall auf dem Schiff Mavi Marmara im Mai, bei dem neun Menschen getötet wurden, brachte Israel viele negative Schlagzeilen. Debbie Linick kann nicht nachvollziehen, dass viele Europäer das israelische Recht auf Selbstverteidigung anzweifeln: "Ich verstehe nicht, warum Israels Blockade des Gaza-Streifens nicht akzeptiert wird, wenn es doch um Waffen geht, die gegen die israelische Zivilbevölkerung benutzt werden."

Israel Flash-Galerie Netanjahu ein Jahr im Amt 2008 mit Obama
Lächeln nur für die Kamera? Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und US-Präsident Barack ObamaBild: AP

Trotzdem befürworten die Linicks einen eigenen palästinensischen Staat – genauso wie die Mehrheit der US-amerikanischen Juden. Gespannt blickt die Familie daher auf das Treffen zwischen US-Präsident Barack Obama und Israels Premier Benjamin Netanjahu. Debbie Linick hat Obama gewählt und ist ein wenig enttäuscht, die Regierung kümmere sich zu wenig um die Interessen Israels: "Alles dreht sich um den Siedlungsstopp. Da werden Zugeständnisse der Israelis eingefordert, bevor ein palästinensischer Verhandlungspartner überhaupt am Tisch sitzt. Ich glaube nicht, dass das das richtiges Rezept auf dem Weg zum Frieden ist."

Wunsch nach Frieden im "second homeland"

Obama solle ebenso hart mit den Palästinensern ins Gericht gehen wie mit Israel, fordern die Linicks. Und dafür sorgen, dass Israelis und Palästinenser endlich wieder direkt miteinander verhandeln. Wenn es Druck auf beide Seiten gebe, dann sei es in Ordnung, dass Obama seinen Druck auch auf Israel verstärke: "Seit vier Generationen haben die Palästinenser kein Heimatland, dieses Unrecht muss korrigiert werden. Aber dafür müssen beide Perspektiven berücksichtigt werden." Für Debbie Linnick geht es aber um mehr als den Frieden mit den Palästinensern, sie will auch endlich Frieden mit den anderen arabischen Nachbarn: "Es geht um eine Bevölkerung, die 60 Mal so groß ist wie unsere, in 20 verschiedenen arabischen Staaten, die sich immer noch im Krieg mit uns befinden.“

Debbie sitzt am Esstisch in Virginia, doch wenn sie von den Israelis spricht, dann sagt sie "wir". Die Linicks hoffen, dass es bald politische Fortschritte geben wird in ihrem "second homeland", wie sie sagen, ihrer zweiten Heimat Israel.

Autor: Benjamin Hammer

Redaktion: Oliver Pieper