1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Schwerer Anschlag an israelischem Grenzübergang

Bettina Marx, Tel Aviv14. Januar 2005

Nach der Wahl von Mahmud Abbas zum palästinensischen Präsidenten war die Hoffnung auf weniger Gewalt in Nahost groß. Ein schwerer Anschlag militanter Palästinenser hat dem Optimismus nun einen Dämpfer versetzt.

https://p.dw.com/p/67Qz
Vorübergehend kein Zugang nach IsraelBild: AP

Es war kurz vor elf Uhr am Donnerstagabend (14.1.2005), als sich die erste Explosion ereignete. Normalerweise ist der sehr belebte Grenzübergang Karni zwischen Israel und dem Gazastreifen um diese Zeit schon längst geschlossen. Im Zusammenhang mit der palästinensischen Präsidentschaftswahl wurden die Öffnungszeiten jedoch in den vergangenen Tagen verlängert. Diesen Umstand machten sich die Attentäter offenbar zunutze.

Mit einem mit Sprengstoff beladenen Auto sprengten sie offenbar zuerst ein Loch in die Mauer zwischen der palästinensischen und der israelischen Seite des Grenzübergangs. Dann drangen die Selbstmordattentäter auf die israelische Seite vor und zündeten die Sprengstoffgürtel, die sie um den Leib trugen. Dabei rissen sie nach israelischen Angaben mindestens sechs Israelis mit sich in den Tod. Fünf weitere wurden zum Teil schwer verletzt.

Wichtiger Grenzübergang

Unmittelbar nach der Explosion beschossen palästinensische Angreifer den Grenzposten mit Mörsergranaten und leichten Waffen. Die Schusswechsel erschwerten die Evakuierung der Verletzten, die in Krankenhäuser in Israel gebracht wurden.

Der Grenzübergang Karni ist der einzige Übergang für den Warenaustausch zwischen Israel und dem Gazastreifen. Würde er geschlossen, hätte dies für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen dramatische Konsequenzen. In den vergangenen Jahren wurden sowohl Karni als auch der für den Personenverkehr vorbehaltene Grenzübergang Erez immer wieder Ziele von Angriffen. Es sind die einzigen Punkte, an denen Israelis und Palästinenser noch zusammenarbeiten, und dem sich Palästinenser überhaupt nähern können.

Warnsignal an Abbas

Der Anschlag ist eine eindeutige Botschaft an den neu gewählten Präsidenten der palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas. Die radikalen Gruppierungen sind nicht bereit, seinem Aufruf zu folgen und die Waffen niederzulegen. Sie sind nicht bereit, auf Gewalt zu verzichten.

Ein Sprecher der so genannten Volkswiderstandskomitees erklärte, der Angriff sei die Fortsetzung des Widerstands und eine Reaktion auf den Tod mehrerer Palästinenser im Westjordanland und im Gazastreifen in den vergangenen Tagen. Es sei ein Beweis dafür, dass, so wörtlich, "der Feind den Gazastreifen unter Feuer" verlassen werde. Er spielte damit auf den Plan des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon an, den Gazastreifen im Sommer 2005 zu evakuieren und die Siedlungen dort zu räumen. Scharon hatte jedoch in den letzten Wochen immer wieder gewarnt, der Rückzug könne nicht stattfinden, wenn die Gewalt nicht aufhöre. Er verlangt von der neuen palästinensischen Führung, dass sie entschlossen gegen den anti-israelischen Terror der radikalen Gruppierungen vorgeht.

Hamas denkt nicht an Waffenstillstand

Abbas wollte in Kürze nach Gaza reisen, um mit den Extremisten Verhandlungen über einen Waffenstillstand aufzunehmen. Hamas-Sprecher Mahmud Az-Zahar wies dieses Ansinnen jedoch zurück. Abbas habe mit seinem Wahlsieg keinen Auftrag für eine Waffenruhe erhalten, erklärte er am Donnerstag (13.1.) auf einer Internetseite der radikal-islamischen Organisation.

Am Samstag (15.1.) soll Mahmud Abbas als neuer Vorsitzender der Autonomiebehörde vereidigt werden. Er war am Sonntag zuvor (9.1.) mit großer Mehrheit gewählt worden. Die Al-Aksa-Märtyrer-Brigaden sind mit seiner Fatach-Bewegung verbunden. Die radikal-islamischen Gruppen wie Hamas hatten die Wahl dagegen boykottiert.

Nach dem Anschlag attackierte die israelische Luftwaffe noch in der Nacht Ziele im Gazastreifen. Nach palästinensischen Angaben wurde dabei ein medizinisches Zentrum im Flüchtlingslager Deir el Balach getroffen, das von der Hamas betrieben wird. Über Opfer gab es zunächst keine Angaben.