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Politik

Schweizer sagen Nein zu Rentenreform

24. September 2017

Frauen sollten ein Jahr länger arbeiten - und alle Bürger mittels einer Steuererhöhung mehr in die Rentenkasse zahlen. Doch das passte den eidgenössischen Stimmbürgern mehrheitlich nicht ins Konzept.

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Wahlhelfer im Kanton Nidwalden tragen eine Abstimmungsurne zur Auszählung   (Foto: picture-alliance/Keystone/U. Flueeler)
Wahlhelfer im Kanton Nidwalden tragen eine Abstimmungsurne zur Auszählung Bild: picture-alliance/Keystone/U. Flueeler

In der Schweiz ist die erste Rentenreform seit 20 Jahren bei einer Volksabstimmung gescheitert. 52,7 Prozent der Wähler - und zugleich die Mehrheit der Schweizer Kantone - sagten nach dem vorläufigen Endergebnis Nein zu verschiedenen Maßnahmen, die das Altersgeld langfristig besser absichern sollten. "Das Problem der Finanzierung bleibt damit ungelöst", sagte Innen- und Sozialminister Alain Berset enttäuscht. Die Vorlage war gekoppelt an eine separate Frage zur Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Teilfinanzierung der Rentenkasse (AHV). Auch diese scheiterte. Rund 50 Prozent der Wähler nahmen an der Abstimmung teil. 

Die Rentenreform "Altersvorsorge 2020" wäre nur durchgegangen, wenn mindestens die Hälfte der Kantone der Mehrwertsteuererhöhung zugestimmt hätten. Das bedeutete auch das Aus für die anderen Maßnahmen zur Sicherung der Altersbezüge.

Die Reform sah etwa vor, das Renteneintrittsalter für Frauen auf das Niveau der Männer von 64 auf 65 Jahre anzuheben. Die Regierung wollte die Mehrwertsteuer zugunsten der AHV von acht auf 8,3 Prozent erhöhen. Die Lohnbeiträge an die Renten-, Invaliden- und Erwerbsersatzkassen sollten von 10,25 auf 10,55 Prozent steigen. Diesen Beitrag finanzieren Arbeitgeber und -nehmer je zur Hälfte.

Konservative SVP: "Teures Linksprojekt"

Die größte Partei, die konservative Volkspartei (SVP), hatte die Reform als "teures Linksprojekt" abgelehnt. Auch die drittgrößte Partei, die liberale FDP, war dagegen. Das Parlament hatte die Reform im Frühjahr aber knapp gutgeheißen. Der SVP ging die Reform nicht weit genug. Vor allem wetterte sie gegen Pläne, die Basisrente bei maximaler Beitragszeit um 70 Franken zu erhöhen. Dadurch werde die bessere Finanzierung wieder zunichtegemacht.

Wahlplakate  "Altersvorsorge 2020" in Genf  (Foto: picture-alliance/Keystone/M. Trezzini)
Wahlplakate zur "Altersvorsorge 2020" in GenfBild: picture-alliance/Keystone/M. Trezzini

Unter den mehr als acht Millionen Einwohnern der Schweiz sind rund 1,5 Million Rentner. Die Rentenkasse in der Schweiz ist wie in allen europäischen Ländern unter Druck, weil bald die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen, weil die Menschen länger leben und weil die Zinsen seit Jahren niedrig sind.

Experte: Schweiz im Vergleich zu Deutschland in komfortabler Position

Die Schweiz sei verglichen mit Deutschland jedoch in einer komfortablen Position, sagte Martin Eling, Professor für Versicherungsmanagement in St. Gallen. Er nennt die seit 1985 bestehende zweite Schweizer Rentensäule mit je 50 Prozent Pflichtbeiträgen von Arbeitgebern und -nehmern. Die Summe steigt mit dem Alter, zuletzt auf 18 Prozent des Lohns. Mit beiden Säulen sollen Rentner etwa 60 Prozent des letzten Lohnes erreichen. "Das Zwangssparen in eine zweite Säule braucht Deutschland auch", sagt Eling. Anders als Deutsche bekommen Schweizer keinen Arbeitgeberzuschuss zur Krankenkasse, und jedes Familienmitglied muss einzeln versichert werden.

Die AHV-Mindestrente liegt bei maximalen Beitragsjahren bei 1175 Franken (gut 1000 Euro) im Monat, die Höchstrente bei 2350 Franken. Aus der zweiten Säule kommt ein Rentner mit mittlerem Einkommen nach einer Studie der Credit-Suisse-Bank zusätzlich auf gut 1600 Franken. Die Lebenshaltungskosten in der Schweiz sind aber deutlich höher als in Deutschland.

sti/jj (afp, dpa, epd)