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Schwarzes Gold in Gefahr

4. Juni 2004

Weil die Welt unter der Last der hohen Ölpreise stöhnt, haben die Ölländer den Hahn etwas weiter aufgedreht. Ob das schwarze Gold nun billiger wird, bleibt abzuwarten. Denn eigentlich gibt davon es mehr als genug.

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Terror überschattet die RohölmärkteBild: AP

"Alles super." Mit diesen Worten wirbt ein großer Mineralölkonzern in Deutschland für seine Produkte. Doch seit die Preise an den Zapfsäulen fast täglich nach oben korrigiert werden, ist klar: Was das Rohöl angeht, ist die Entwicklung alles andere als super. Nach dem Terroranschlag in der saudiarabischen Ölstadt Chobar (29.05.) kletterte der Kurs für ein Barrel erstmals auf die Marke von 42 Dollar, das ist eine Steigerung von über fünf Prozent. Seither starren Politik und Wirtschaft auf den Ölpreis wie das Kaninchen auf die Schlange.

Der Durst nach Öl steigt

Die Welt hängt immer noch am Erdöltropf. Und der Hunger nach Öl ist über die Jahre stetig größer geworden. Vor allem die ständig steigende Nachfrage aus China und den USA hat dazu beigetragen, dass die Preise von 33 Dollar pro Barrel im Dezember 2003 auf die Rekordmarke vom Juni (42 Dollar) geklettert sind. Damit wurden im Frühjahr 2004 weltweit täglich eine Million Barrel mehr verbraucht, als ursprünglich vorhergesagt wurde.

Doch der höhere Verbrauch allein hätte nach Expertenmeinung keine derartige Auswirkung auf die Preise haben dürfen. Denn nicht nur der Verbrauch, sondern auch die tägliche Produktion war im Frühjahr 2004 höher als von der OPEC (Organisation Erdöl exportierender Staaten) ursprünglich angepeilt. "Sie war sogar zwei Millionen Barrel höher als geplant, " erklärt Manfred Horn, Ölexperte am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin auf Nachfrage von DW-WORLD. "Die OPEC hat sich nicht an ihre eigene Quote gehalten, sondern deutlich mehr gefördert", weiß Horn zu berichten.

Saudi Arabien als Achillesferse

Eigentlich hätten die Preise also sogar fallen können. Stattdessen sind sie gestiegen. "Der entscheidende Faktor ist die politische Unsicherheit im Nahen Osten", analysiert Horn die Situation. "Man könnte das als 'Angstprämie' bezeichnen", ergänzt der Fachmann. Die Furcht, dass Terroranschläge aus dem steten Strom von Rohöl ein Rinnsal werden lassen könnten, treibt die Preise in die Höhe. Dabei ist besonders Saudi Arabien die Achillesferse der Öllieferanten. Denn die Kapazitäten aller anderen OPEC-Staaten sind fast völlig ausgereizt.

Nur Saudi-Arabien hat noch größere Reserven. Und gerade das Königreich haben die Terroristen im Visier. Deshalb bedeutet die von der OPEC an diesem Donnerstag (3.6.04) in Beirut gefällte Entscheidung, den Ölhahn weiter aufzudrehen, nicht unbedingt niedrigere Preise. Zwei Millionen Barrel mehr wollen die Mitgliedsstaaten künftig pro Tag fördern. Doch die Terrorgefahr bleibt.

Treibstoff für die Weltwirtschaft

Wichtig wären niedrigere Ölpreise für die Weltwirtschaft. Denn die weltweite Konjunktur, die gerade erst langsam wieder in Fahrt gekommen war, könnte im Falle eines großen Preisschocks schnell wieder gezwungen sein, einen Gang zurückzuschalten. Oder der Motor könnte ihr ganz ausgehen. Zwar glaubt Ulrich Hombrecher, Chefvolkswirt der Düsseldorfer WestLB, nicht, dass der momentane Stand schon Anlass zur Sorge gibt. Aber was nicht ist, kann wohl durchaus noch werden.

In einem Interview mit DW-TV sagte Hombrecher, die Konjunkturprognosen müssten deutlich geändert werden, wenn der Ölpreis nachhaltig über 45 Dollar hinaussteigen würde." Grundsätzlich ausschließen wollte der Finanzexperte das nicht. Auch er weiß: Terroristen sind schwerer zu berechnen als Förderquoten. (rle)