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Mehr Rechte und Gerechtigkeit

7. Oktober 2009

Die Gewerkschaft der Hausangestellten in Südafrika kämpft für bessere Löhne und Arbeitsbedingungen. Diese Arbeitskräfte sind besonders von der Krise betroffen.

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Kapstadt, Südafrika, der Tafelberg (Foto: picture alliance)
Wer Geld hat, wohnt in Kapstadt - und leistet sich HausangestellteBild: picture alliance/dpa

Der südafrikanische Autor Stephen Francis und der Karikaturist Rico machten sie unsterblich: Eve Sisulu, die schwarze Hausangestellte, und Madam, ihre weiße Arbeitgeberin. "Madam and Eve" heißt der populäre Comic Strip, der jeden Tag in 13 Zeitungen des Landes erscheint und der auf humorvolle Weise vom Leben der Hausangestellten im neuen Südafrika erzählt. Rund vier Millionen Leser lachen jeden Tag über die kleinen Abenteuer von Eve und ihrer Madam, die immer noch an die Vorherrschaft der weißen Rasse glaubt. In den täglichen Episoden steckt viel Wahrheit, zu lachen aber gibt es für die meisten Hausangestellten in Südafrika nichts. "Ich war selbst eine Hausangestellte", sagt Myrtle Witbooi, Generalsekretärin von Sadsawu (South African Domestic Servide and Allied Workers Union), der Gewerkschaft der Hausangestellten in Südafrika. "Ich habe gesehen und erlebt, wie es ihnen ergeht und deswegen habe ich beschlossen, sie zu organisieren".

Niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen

Myrtle Witbooi sitzt in ihrem kleinen bescheidenen Büro in Salt River, einem Stadtviertel von Kapstadt. Sie ist eine beeindruckende Frau, kräftig, energisch, kämpferisch und voller Humor. "Die Hausangestellten in Südafrika sind das schwächste Glied der ökonomischen Kette", erklärt sie. Sie können sich nicht organisieren, weil sie weit verstreut arbeiten, sie leiden unter niedrigen Löhnen und schlechten Arbeitsbedingungen und in Zeiten der Krise werden sie als erstes entlassen. In den letzten zwei Jahren haben in Südafrika 105.000 Beschäftigte in privaten Haushalten ihren Job verloren. "Ein Arbeitgeber, der von der Wirtschaftskrise betroffen wird, verzichtet zuerst auf die Hausangestellte", sagt Myrtle Witbooi. "Ihre Arbeit wird dann in der Regel von der Hausfrau selbst übernommen. Die Hausangestellten sind also auch von der globalen Rezession betroffen, sie sind sogar besonders schwer davon betroffen."

Migranten drängen auf den südafrikanischen Arbeitsmarkt

Traditionelle Hütten in Simbabwe (Foto: Chad Ehlers)
Aus dem armen Simbabwe kommen viele ArbeitskräfteBild: picture-alliance / dpa

Nicht nur die globale Wirtschaftskrise, auch die Flüchtlingsströme in Afrika wirken sich auf das Leben und die Jobaussichten der südafrikanischen Hausangestellten aus. So drängen seit Jahren vor allem Migranten aus dem benachbarten Simbabwe auf den südafrikanischen Arbeitsmarkt. Davon ist besonders der Niedriglohnsektor betroffen und damit auch die im Haushalt Beschäftigten, die sich um die Kinder und die Alten kümmern, die Gärtner und Chauffeure.

Für die Gewerkschaft ist das ein heikles Thema, denn sie setzen sich für alle Angestellten ein, egal, ob es sich um Südafrikaner oder Ausländer handelt. "Die Arbeitsgesetze gelten für alle", bekräftigt die Sadsawu-Generalsekretärin. Das bedeute aber auch, dass es sich für einen Arbeitgeber wirtschaftlich nicht lohne, eine südafrikanische Angestellte zugunsten einer Migrantin aus Simbabwe zu entlassen. In der Provinz westliches Kap, wo Myrtle Witbooi zuhause ist, hätten nur wenige und vor allem sehr isoliert lebende Hausangestellte ihren zugunsten von Zuwanderern Job verloren.

Der Lohn reicht kaum zum Überleben

1,2 Millionen Hausangestellte gibt es in Südafrika. Nur rund 25.000 von ihnen sind in der Gewerkschaft organisiert. Die meisten fürchten, dass sie ihre Arbeit verlieren könnten, wenn sie politisch tätig werden. Oder das Dach über ihrem Kopf, denn viele von ihnen leben auf dem Grundstück ihrer Arbeitgeber und haben Angst, dieses Privileg zu verlieren. Eigene Wohnungen können sie sich nicht leisten. Das Angebot an preiswertem Wohnraum ist gering und die Löhne der Hausangestellten sind niedrig. 1340 Rand ist der Mindestlohn in Südafrika, rund 120 Euro im Monat. "Das reicht kaum zum Überleben", sagt Myrtle Witbooi. Außerdem gibt es keine Altersversorgung. Der Rentenfonds, der vor ein paar Jahren eingerichtet wurde, reicht noch nicht aus, um diejenigen zu versorgen, die jetzt nach einem mehr als vierzigjährigen Arbeitsleben in den Ruhestand gehen.

Die Klischees bestehen fort

Apartheid-Museum in Johannesburg, auf großen Bildern schwarze Männer links, weiße rechts (Foto: Sorges)
In vielen Köpfen besteht sie immer noch: die ApartheidBild: J. Sorges

Für die große Mehrheit der schwarzen Südafrikaner hat sich also nicht viel verbessert seit dem Ende der Apartheid. Noch immer ist die schwarze Eve arm und ungebildet und die weiße Madam wohlhabend. "Seit der Einführung der Demokratie im Jahr 1994 haben wir die besten Gesetze – aber nur auf dem Papier. Sie werden nicht umgesetzt," erklärt die Gewerkschafterin. Und dabei sollte ihrer Meinung nach Südafrika doch an der Spitze des Kampfes für die Rechte der Hausangestellten überall stehen.

Über das Internet ist Myrtle Witbooi mit vielen Gleichgesinnten in der ganzen Welt in Kontakt. "Ich bin Teil eines Netzwerks", sagt sie stolz und zeigt auf ihren Computer. So erfährt sie, wie es den im Haushalt Beschäftigten in anderen Ländern geht, in Tansania, in Malaysia und in Katar beispielweise. Sie reist auch selbst zu internationalen Gewerkschaftstreffen und Konferenzen, um sich mit anderen auszutauschen. Das Ziel müsse sein, eine internationale Konvention zu verabschieden, in der die Rechte der Hausangestellten garantiert werden. "Der Kontakt mit anderen Ländern hat mir die Augen geöffnet und mir gezeigt, wie stark wir werden müssen. Südafrika muss die Schulter werden, an der sich alle anlehnen können. Wir müssen sagen, ja, wir werden für eure Rechte kämpfen".

Autor: Bettina Marx

Redaktion: Monika Lohmüller