1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Schwarzarbeiter aus dem Ausland überfluten den polnischen Arbeitsmarkt

19. August 2002

***

https://p.dw.com/p/2ZTq

Warschau, 16.8.2002, RZECZPOSPOLITA, poln., Andrzej Stankiewicz

Die Zahl der Schwarzarbeiter aus dem Ausland kann sogar eine Million betragen. Für sie läuft die Zeit jedoch ab, weil Polen in einem Jahr die Visapflicht für seine östlichen Nachbarn einführen wird.

Manche von ihnen arbeiten schon seit zehn Jahren illegal in Polen. Sie sagen, dass man Polen mit Amerika auf keinen Fall vergleichen darf, da sie zu keinem großen Vermögen gekommen sind, aber sie waren imstande, ihren Familien in der Ukraine oder in Russland ein gutes Leben zu sichern.

Wenn man die Aussagen der polnischen Beamten hört, könnte man annehmen, dass es das Problem der Schwarzarbeit in Polen überhaupt nicht gibt: "In den letzten Monaten gab es nur einen einzigen Fall eines Ukrainers, der keine erforderlichen Dokumente hatte", wurde uns in der Abteilung zur Kontrolle der Legalität von Arbeit und Beschäftigung in Opole (Oppeln) gesagt, die direkt dem Woiwoden untersteht. Es reicht jedoch aus, sich einen Kilometer von dem Sitz dieser Abteilung zu entfernen, wo auf dem sogenannten "Russenmarkt" einige Dutzend Ausländer auf eine Arbeit warten.

Jurij, ein ehemaliger Armeeoffizier ist 43 Jahre alt. Jetzt in der unabhängigen Ukraine gibt es keine Arbeit mehr für ihn: "Ich kann jede Arbeit machen. Wenn ich etwas nicht kann, werde ich einen Fachmann finden", versichert er. Für eine Stunde Arbeit verlangt er fünf Zloty (1,25 Euro). Ähnliches wird auch von anderen Arbeitssuchenden auf diesem Markt verlangt: "Wir müssen die Wohnung hier bezahlen und etwas nach Hause schicken", sagt Iwan, der noch vor einigen Jahren als Fahrer bei einem Kombinat in der Nähe von Moskau arbeitete.

Dieser Markt in Opole bildet keine Ausnahme. Fast in jeder größeren Stadt Polens gibt es einen Platz, auf dem illegale Arbeiter auf eine Beschäftigung warten. (...) Die ersten Arbeitswilligen kommen noch vor sechs Uhr morgens. Eine Stunde später warten schon mehrere Hundert. Zu jeder Zeit halten hier Autos an: "Ich brauche Leute zum Säubern eines Platzes. Die Ukrainer bauten ein Haus für mich und ich schätzte ihre Arbeit sehr. Ich beschäftigte auch Polen, aber sie verlangten schon am Morgen Bier", erzählt der Besitzer eines Luxus-BMW.

Die größte Nachfrage besteht nach Maurern und Putzern. Ein Teil der Schwarzarbeiter wird bei Bauern beschäftigt. Sie verdienen 40 bis 50 Zloty (etwa zehn bis 12,50 Euro) pro Tag, meistens mit Übernachtung und Verpflegung. Für ein Hotel in Rzeszow müssen sie 12 Zloty (etwa drei Euro) und für die Übernachtung in privaten Wohnungen etwa sieben Zloty (ca. 1,25 Euro) bezahlen.

Im Jahre 2001 haben über 6,7 Millionen Ausländer, hauptsächlich Ukrainer und Weißrussen, die polnische Grenze in der Woiwodschaft Lubelskie passiert. Nach sehr vorsichtigen Schätzungen der Inspekteure von der Abteilung für Kontrolle der Legalität der Beschäftigung arbeitet jeder Zehnte von ihnen in Polen schwarz.

"Für jede Kontrolle bei einem Landwirt oder auf einem Bau müssen die Kontrolleure eine amtliche Genehmigung haben. Bevor sie die nötigen Feststellungen treffen können, ist es meistens zu spät: Man müsste Tag und Nacht mit Fernglas die Baustellen überwachen", sagt die Leiterin der Abteilung. (...)

"Noch vor einigen Jahren war es besser. In Polen wird jetzt weniger gebaut und die Konkurrenz unter uns wird immer größer", sagt Andrej aus Nowojaworsk, der seit sechs Jahren illegal arbeitet. Er fügt hinzu: "Meine Frau ist Krankenschwester und verdient umgerechnet 100 Zloty (etwa 25 Euro) im Monat. Meine Tochter will studieren. Das kostet aber 80 Dollar pro Monat und man muss zusätzlich noch Schmiergelder zahlen, damit sie aufgenommen wird." (...)

"In unserem Dorf gibt es keinen größeren landwirtschaftlichen Betrieb, in dem kein Ukrainer arbeitet, erzählt die Frau des Bürgermeisters von Wronow. Die Lage ist aber identisch in den benachbarten Dörfern (...). Die Ukrainer kommen schon im Februar und März. (...) In den Dörfern in der Nähe von Krakau genießen sie einen guten Ruf: "Ich beschäftige einen Polen und einen Ukrainer. Auf den Polen kann ich mich jedoch nicht immer verlassen, weil er für einige Tage verschwindet, wenn er trinkt. Der Ukrainer dagegen ist sehr fleißig, trinkt nicht und spart Geld, um es seiner Familie zu geben", erzählt ein Gärtner aus der Ortschaft Tropiszow.

Die Liste der Schwarzarbeiter ändert sich eigentlich nicht: Ukrainer, Moldauer, Weißrussen, Russen, Vietnamesen, viele Rumänen und Mongolen. Für die Mehrheit von ihnen wird das "Eldorado" in unserem Land am 1. Juli 2003 enden, wenn die Visumspflicht für die östlichen Nachbarn Polens eingeführt wird.

Aber nicht nur die Ausländer aus dem Osten gehen einer illeglen Beschäftigung in Polen nach. Immer öfter werden von den Inspekteuren der lokalen Arbeitsämter Bürger der westlichen Staaten bei Schwarzarbeit ertappt.

An das Woiwodschaftsamt in Bydgoszcz (Bromberg) wurde ein anonymer Brief gerichtet, in dem informiert wurde, dass in einem der Betriebe in dieser Region ein Ausländer illegal beschäftigt wird. Es erwies sich, dass in dieser Firma drei Deutsche illegal beschäftigt waren, die im Vorstand saßen. "Nach dem polnischen Recht müssen diese Personen eine Arbeitserlaubnis von dem Woiwoden bekommen", erläutert Stefania Myszkier, Direktorin der Abteilung für Sozialpolitik beim Woiwodschaftsamt.

"Die legale Beschäftigung von Ausländern ist mit so vielen Formalitäten verbunden, dass der Arbeitgeber gezwungen wird, um keine kostbare Zeit zu verlieren, die Gesetzte zu umgehen", sagte ein Arbeitgeber aus Torun (Thorn). Er selbst wollte einen Fachmann aus dem Westen beschäftigen, hat aber offiziell einen Arbeitsvertrag mit seiner polnische Freundin abgeschlossen. (...)

Im Jahr 2001 wurden lediglich 1 982 Ausländer festgenommen, die in Polen illegal gearbeitet haben. An die Gerichte wurden 251 Fälle übergeben. (...) Die meisten Schwarzarbeiter wurden mit 625 Personen in der Region Dolny Slask (Niederschlesien) und mit 367 Personen in Mazowsze (Masovien) ertappt. (...) (Sta)