Giveaways vom AA
8. Januar 2010"Ändere die Welt; sie braucht es", steht auf einem Bleistift. Oder: "Jede Schöpfung ist ein Wagnis." Das erste Zitat stammt von Bertolt Brecht, das zweite von Christian Morgenstern. Sie zieren die "Kontaktpflegegeschenke", so heißen, etwas gestelzt, die Giveaways des Auswärtigen Amtes.
Geschenke erhalten die Freundschaft
Diplomaten und andere Regierungsmitarbeiter können aber nicht nur Bleistifte, sondern auch Brandenburger Tore aus Nussholz im Taschenformat, Mikadospiele oder Daumenkinos mit Folklore-Touch an Gäste, Freunde und Auslandsvertreter verschenken. Studenten aus vier deutschen Kunsthochschulen haben diese kleinen Präsente entworfen. Ihr Ziel: für Deutschland werben, mit Charme und Ironie. Heraus kam die "DeutschlandKollektion": Heftklammern in Schwarz-Rot-Gold, ein Regenschirm, der beim Deutschlernen hilft oder Bierdeckel im Autobahnschild-Design. Das Spiel mit deutschen Klischees wie Ordnungssinn, Trinkfestigkeit und Autoliebe ist hier durchaus Programm. Sie sollen mit einem Augenzwinkern in die Geschenke einfließen.
Du bist Deutschland
Verzweifelt und gezwungen wirkende Vorläufer solcher Deutschland-Kampagnen sind bekannt. Die 2005 von Bertelsmann angestoßene Losung "Du bist Deutschland" hämmerte den Bürgern mit pathetischen Fernsehspots und Plakaten die Pflicht zum Nationalstolz ein. Auch die Standortinitiative "Deutschland – Land der Ideen" der Bundesregierung übt sich fleißig in der Verbesserung des Deutschland-Images. Wortwitz und ein geistreicher Umgang mit den Vorstellungen, die das Ausland von uns hat, kann inmitten dieser eher spröden Veranstaltungen nicht schaden.
"Klassischer Katalog ein Gruselkabinett"
"Der klassische Geschenke-Katalog des Auswärtigen Amtes war in unseren Augen ein Gruselkabinett", sagt Projektleiter Axel Kufus, Design-Professor an der Universität der Künste in Berlin. "Es waren die üblichen Standardgeschenke von Kulis, die nach dem vierten Mal nicht mehr funktionieren, bis zu unglaublich seriös daherkommenden Regenschirmen."
Ende 2008 kam das Auswärtige Amt auf Kufus zu, um eine Initiative zur Entwicklung alternativer Geschenkartikel ins Leben zu rufen. Als Unterstützung holte sich Kufus noch drei Kunst- bzw. Designhochschulen in Essen, Karlsruhe und Halle ins Boot. Es entstand ein kreatives Netzwerk, eine Art nationaler Thinktank, der Deutschland jenseits piefiger Gemütlichkeit ein neues Image verpassen wollte.
Die Fankurve im Reisewecker
Rund 20 Produkte sind nun auf den Markt und werden nach Angaben des Designteams von Botschaften und Landesvertretungen kräftig bestellt. Ein echtes Highlight ist der Zauberwürfel, der aber nicht mit Farben, sondern mit kurzen deutschen Wörtern wie Mär und Uhu bedruckt ist – also auch für die Scrabblespielende Diplomatengattin ein intellektueller Zeitvertreib für Unterwegs. Aus dem umgestalteten Diplomaten-Reisewecker tönt nun nicht mehr die favorisierte Radiostation des Beschenkten, sondern deutsche Singvögel oder das Fan-Gegröle aus Schalke oder München. So bleibt die Heimat ganz nah.
Der Zaunpfahl wird auch ungeniert geschwungen: Hinter den "spitzen Kandidaten" verbirgt sich das mit Zitaten verzierte Bleifstiftset. Das EU-Mikado, in dem jeder Stab die Farben eines Mitgliedstaats trägt, muss dann natürlich MikEUdo heißen.
DeutschlandKollektion 2.0
Deutschland als Land der Kreativität und pfiffigen Ideen – das sollen nun die "Kontaktpflegegeschenke" der "DeutschlandKollektion" vermitteln. Und für "dynamisches, innovatives und weltoffenes" Deutschland begeistern.
Angesichts der großen Resonanz ist auch schon eine "DeutschlandKollektion 2.0" geplant. Die Vorstellung der neuen Serie ist für Herbst dieses Jahres vorgesehen. Im Fokus der Giveaway-Sammlung sollen kleine visionäre Produkte stehen, die deutschen Schlüsseltechnologien entlehnt sind. Vielleicht bringt ja eine solche Image-Kampagne mehr für die angeschlagene deutsche Wirtschaft als so manches Gimmick-Gesetz der letzten Zeit.
Autor: Jan Bruck
Redaktion: Sabine Oelze