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Schwangere und Aids: Medikamente und Kaiserschnitt helfen

Maren Hellwege-Beck1. Juni 2006

Dank moderner Medizin ist die Übertragungsrate für Kinder von HIV-positiven Müttern auf unter ein Prozent gesunken. Zumindest in den Industrieländern. Die meisten Kinder stecken sich in Afrika mit HIV an.

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Eine nigerianische Mutter wartet auf HIV-MedikamenteBild: AP

Mit interessierten Augen betrachtet das kleine Mädchen seine Umgebung. Ganz friedlich liegt es in seinem Neugeborenen-Bettchen in der Universitätsfrauenklinik München. Nur wenige Tage ist es alt und hat doch schon zahlreiche medizinische Untersuchungen hinter sich. Ihre Mutter ist seit knapp sieben Jahren HIV-positiv. Doch es sieht es so aus, als würde dieses Schicksal dem kleinen Mädchen erspart bleiben. "Ich bin wirklich ruhig jetzt", sagt Steffi Müller, die ihren wirklichen Namen nicht genannt haben will. Ihre Virenlast sei niedrig und ihr Partner sei negativ. "Von daher bin ich optimistisch. Das war nicht von Anfang an so, aber das habe ich hier gelernt."

Übertragungsraten unter einem Prozent

AIDS in Rumänien
HIV-infizierter Junge in RumänienBild: AP

Vom Beginn ihrer Schwangerschaft an war sie in der Münchner Uni-Klinik in Behandlung. Sie bekam einen antiviralen Medikamenten-Cocktail und ihre Blutwerte wurden regelmäßig kontrolliert. In der 38. Schwangerschaftswoche, zwei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin, wurde bei Steffi Müller ein Kaiserschnitt mit einer möglichst blutarmen Operationstechnik durchgeführt. Dadurch sollte verhindert werden, dass das Neugeborene mit den infektiösen Körperflüssigkeiten der Mutter in Kontakt kommt. Denn als kritisch für den Säugling gilt vor allem die Geburt. Zuvor ist das Kind im Bauch durch die Plazenta vor einer Virusübertragung weitgehend geschützt. 1994 hätten amerikanische Wissenschaftler herausgefunden, dass man durch antivirale Medikamente die Übertragungsrate von 25 Prozent auf unter 8 Prozent kann, erklärt Andrea Gingelmaier von der Uni-Klinik München. "Und wenn man das noch kombiniert mit einem Kaiserschnitt, dann landen wir bei Raten unter einem Prozent."

Gute Aussichten also für das neugeborene Mädchen. Es muss noch zirka vier Wochen lang mit Retrovir-Sirup behandelt werden, bis die Ärzte dann feststellen können, ob die Kleine sich tatsächlich nicht bei ihrer Mutter infiziert hat. Außerdem muss Steffi Müller auf das Stillen verzichten und ihre Tochter mit Flaschennahrung füttern. Denn allein durch das Stillen steigt das natürliche Infektionsrisiko für das Baby auf bis zu 45 Prozent.

Fast jedes zweite aller weltweit mit HIV-infizierten Kinder wird durch das Stillen angesteckt, sagt Andrea Gingelmaier. 60 Prozent ihrer Patientinnen stammen aus afrikanischen Ländern. Schlechte medizinische Versorgung und hohe Medikamentenpreise lassen niedrige Ansteckungsraten wie in Deutschland in weite Ferne rücken. Allein in den nächsten zwei Jahren fehlen dem Globalen Fonds, mit dem die Industrieländer die Entwicklungsländer bei der Lösung der dringendsten Gesundheitsprobleme unterstützen wollen, mehr als drei Milliarden Dollar.

Risiko Krankanhaus

Weltaidstag in Südafrika Kind
Aids-Waise in SüdafrikaBild: AP

Nicht einmal aufs Stillen könnten afrikanische Mütter verzichten, um die Ansteckungsgefahr zu mindern. Denn um die Säuglinge vor lebensbedrohlichen Darminfektionen zu schützen, rät die WHO in Afrika selbst HIV-positiven Frauen dort zu sechsmonatigem ausschließlichem Stillen. "Dazu kommt die Angst, dass man als Frau schnell als HIV-positiv geoutet wird, wenn man nicht stillt", erklärt Gingelmaier. Auch seien Kaiserschnitte in afrikanischen Krankenhäusern keineswegs problemlos. "Manchmal ist das Risiko, sich im Krankenhaus mit anderen Infektionen zu anzustecken, größer, als im Busch zu entbinden."