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Schwan-Mania und Arithmetik

Jens Thurau28. Mai 2004

Die Bundesversammlung ist zwar schon sechs Tage Geschichte. Aber eine kleine Anekdote während der Wahl und eine Entwicklung in den Tagen danach sind es wert, besonders beachtet zu werden.

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Zunächst zu der Entwicklung, die wir vorsichtig als lockere Abfolge von Sympathiebekundungen für die unterlegene SPD-Bewerberin bezeichnen wollen. Weniger vorsichtig könnte man von einer Schwan-Mania reden, jedenfalls in den Reihen der SPD. Aber denen geht es ja eh so schlecht, da lächelt keiner und verbreitet niemand Optimismus, so dass es nur logisch ist, dass diese Frau mit den schönen geraden Beinen ("Bild-Zeitung“) wie ein geöffnetes Fenster wirkt, durch das die schlechte Luft aus bald sechs Jahren Regierungsalltag herausgelassen wird.

"Präsidentin der Herzen"

Montag: Gesine Schwan lächelt mit Franz Müntefering um die Wette, frohes Lachen im Willy-Brandt-Haus. Mittwoch: SPD-Politiker fordern einen Kabinettsposten für die Frau mit den lustigen Locken. Noch am Sonntag nach der Wahl fällt der Satz, den wir ansonsten schwer vermisst hätten: Es spricht Franz Maget, Chef der SPD in Bayern. Er sagt, dass Gesine Schwan die Präsidentin der Herzen sei.

Die "Bild-Zeitung“ - dem Kanzler in inniger Feindschaft verbunden, seitdem der beleidigt ist und keine Interview mehr gibt - die Bild-Zeitung fabuliert vom nächsten "Kanzlerinnen-Duell“. 2006 tritt Angela Merkel gegen Gesine Schwan an. Damit ist der vorläufige Höhepunkt der Schwan-Mania erreicht.

Wer kann bis drei zählen?

Nun zur kleinen Anekdote. Fast hätten die Schriftführer der Bundesversammlung nämlich ein falsches Ergebnis bekannt gegeben: Zunächst waren zwei Köhler-Stimmen auf dem Haufen mit den Schwan-Stimmen gelandet. Statt 604 Ja-Stimmen für das neue Staatsoberhaupt hätte Wolfgang Thierse 602 verkündet - und das hätte nicht gereicht. Und warum diese Panne? Weil aus allen politischen Lagern Schriftführer da waren, weil jeder von ihnen alle Haufen persönlich nachzählen wollte - das habe zu Chaos geführt, wird unter der Hand erzählt. Was an den Stammtischen der Republik wohl so ankommt: Schau an, die Parteien, nicht einmal bis drei zählen können sie, und schon gar nicht miteinander.

Apropos zählen: Auch Guido Westerwelle hat da so seine Probleme. 603 Stimmen waren nötig, 604 bekam Horst Köhler. Ist das ein knappes Ergebnis, Herr FDP-Chef? "Nein, kein knappes Ergebnis, sondern eine eindeutige Wahl.“ Wir schlagen Guido Westerwelle als Schriftführer für die nächste Bundesversammlung vor. Wenn ihn mehrere andere Schriftführer kontrollieren, kann nichts schief gehen.