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Schwache Führung

Peter Stützle9. Februar 2009

Beim Rücktritt von Michael Glos als Wirtschaftminister hat niemand eine gute Figur gemacht – nicht Glos, nicht der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer und auch nicht Bundeskanzlerin Angela Merkel, kommentiert Peter Stützle.

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Bild: DW

Die gute Nachricht vorweg: Deutschland hat jetzt bis zur Wahl im Herbst einen Wirtschaftsminister mit hervorragenden internationalen Kontakten - in Zeiten der weltweiten Wirtschaftskrise ein nicht zu unterschätzenden Vorteil. Der Unternehmer und profilierte Außenpolitiker Karl-Theodor zu Guttenberg kann so in diesen schwierigen Zeiten eine Stütze der Regierung sein, die sein Vorgänger, der Handwerksmeister Michael Glos, erkennbar nicht war.

Das ist es aber auch schon mit den guten Nachrichten. Ansonsten haben in den Turbulenzen um den Rücktritt von Michael Glos alle keine gute Figur gemacht. Nicht Glos selbst, nicht sein Parteivorsitzender Horst Seehofer und auch nicht Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Verbitterter Glos

Peter Stützle (Quelle: DW)

Noch-Wirtschaftsminister Glos hätte einfach seinen Rücktritt erklären können. Stattdessen hat er Seehofer einen Brief in die Privatwohnung gefaxt, in dem ihn bat, von seinem Amt entbunden zu werden. Gleichzeitig lancierte er diesen Brief an eine große Sonntagszeitung. Seehofer war zu diesem Zeitpunkt auf der Münchener Sicherheitskonferenz. Als er dort von Journalisten darauf angesprochen wurde, hatte er noch keine Ahnung von dem Schreiben.

Offensichtlich war der früher so humorvolle Michael Glos verbittert. Er wollte schon länger einen würdevollen Abgang aus dem Amt, das er einst aus Parteidisziplin übernommen hatte und mit der er nie glücklich wurde, doch Seehofer war bisher nicht darauf eingegangen.

Merkels fehlende Führung

Horst Seehofer hätte nun den Journalisten auf der Sicherheitskonferenz erklären können, dass er erst sich mit Glos aussprechen und dann entscheiden werde. Stattdessen aber verkündete er nach einem Telefonat mit Glos, dass er dessen Rücktrittsgesuch ablehne, um ihm am nächsten Tag, nach einem persönlichen Gespräch, doch stattzugeben.

Zu diesem Zeitpunkt hat sich bereits das ganze Land gewundert, wie man in Zeiten der Wirtschaftskrise einen lustlosen Wirtschaftsminister im Amt belassen kann. Diese Kritik traf Seehofer, aber mehr noch Bundeskanzlerin Merkel. Denn auch wenn es in Deutschland üblich ist, dass die an einer Regierung beteiligten Parteien selbst ihre Minister benennen: Das letzte Wort hat nach der Verfassung die Bundeskanzlerin. Mit ihr hat Seehofer mehrfach in diesen merkwürdigen Stunden telefoniert. Mit Merkels Zustimmung hat er zunächst das Rücktrittsgesuch von Glos abgelehnt, mit Merkels Zustimmung hat er ihm dann doch stattgegeben. Führungsstärke hat das nicht ausgestrahlt.

Auch wenn am Ende also noch eine gute Lösung herauskam: Gut ausgesehen hat in diesem schlechten Drama niemand.