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Schuld eingestanden und verurteilt

Daniel Scheschkewitz/arn19. Mai 2004

Der erste von mehreren Kriegsgerichtsprozessen gegen US-Soldaten, die im Irak gefoltert haben sollen, ist bereits zu Ende und der Angeklagte schuldig gesprochen, berichtet CNN. Das Verfahren ist anders als andere.

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Der Gerichtssaal in BagdadBild: AP

Jeremy Sivits hat sich vor einem US-Kriegsgericht in Bagdad schuldig bekannt, an der Misshandlung irakischer Gefangener beteiligt gewesen zu sein. Er ist wegen Misshandlung, der Verschwörung zur Misshandlung, Pflichtverletzung und der Aufforderung an die Gefangenen, "sich auf dem Fußboden übereinander zu stapeln zwecks tätlicher Übergriffe durch andere Soldaten" ("to be positioned in a pile on the floor to be assaulted by other soldiers") angeklagt. Sivits Anwalt beantragte zum Auftakt des Verfahrens jedoch, den Vorwurf, Sivits habe die Misshandlungen fotografiert, fallen zu lassen. Sein Mandant habe lediglich zugelassen, dass Fotos von den Taten gemacht wurden, sagte Verteidiger Leutnant Stanley Martin. Dem wurde unter Vorbehalt statt gegeben.

Irak: Gerichtsprozess, Folter im Abu Ghraib Gefängnis, Jeremy C. Sivits
Jeremy C. Sivits bei der Gerichtsverhandlung in BagdadBild: AP

Ansonsten hat sich der 24-Jährige in allen Punkten schuldig bekannt. Sivits hatte sich zuvor für eine Verhandlung vor einem Einzelrichter und damit ohne Geschworene entschieden. Er wurde zur Höchststrafe von einem Jahr Haft verurteilt. Das Gericht in Bagdad entschied zudem, den 24-jährigen Militärpolizisten unehrenhaft aus der Armee zu entlassen. Er wird zum Rekruten degradiert und muss nach Verbüßen der Haft wegen 'schlechter Führung' die Armee verlassen. Die drei weiteren Soldaten, die vor einem allgemeinen Kriegsgericht angehört worden waren, werden nicht so glimpflich davon kommen.

In aller Öffentlichkeit

Die Prozesse vor dem US-Kriegsgericht in Bagdad finden vor den kritischen Augen der irakischen und der Weltöffentlichkeit statt. Sie sind öffentlich und auch für die Presse zugänglich. Alle Verfahren werden simultan in die arabische Sprache übersetzt. Angeklagte, Richter und Verteidiger tragen Uniform - ansonsten unterscheiden sie sich nur im Detail von jedem anderen Prozess in einem US-Gericht. Vieles erinnert an ein ganz normales Gerichtsverfahren.

Und doch ist diesmal alles anders. Vor Gericht stehen nämlich nicht nur ein paar US-Militärpolizisten, sondern - zumindest in den Augen der Weltöffentlichkeit - auch ein Stück weit die USA selbst. Das erste Verfahren gegen den Militärpolizisten Jeremy Sivits unterscheidet sich von den anderen Verfahren insofern, als Sivits sich bereits vor der Verhandlung zur seiner Schuld bekannt hatte.

Nötigung auf Befehl von oben?

In den anderen Verfahren, unter anderem gegen den 35-jährigen Charles Graner und gegen Oberfeldwebel Chip Frederick steht mehr auf dem Spiel. Die Angeklagten müssen sich nicht nur wegen Grausamkeit und Verstößen gegen das Militärrecht verantworten, sondern auch wegen Unzucht und sexueller Nötigung. Das Strafmaß in diesen Prozessen ist nicht von vornherein begrenzt und beide Angeklagten behaupten, lediglich Befehle höherer Stelle ausgeführt zu haben.

Dies wird auch die Strategie ihrer Anwälte bestimmen. Diese haben bereits angekündigt, dass sie auch auf die Zeugenaussage von Generälen, wie der früheren Vorgesetzten des Wachpersonals im Abu Ghraib-Gefängnis, Brigadegenerälin Janice Karpinsky, bestehen werden. Karpinsky hatte in mehreren Interviews in US-Medien angedeutet, dass die Folterungen nicht auf die Initiative ihres Wachpersonals zurückgingen.

Allerdings: Wer vor einem US-Kriegsgericht als Zeuge geladen wird, entscheidet allein der vorsitzende Richter Und der ist in allen Verfahren ein ranghoher US-Militärangehöriger.