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Schröder und Erdogan einig

Cem Sey4. Oktober 2004

Bundeskanzler Schröder ist in Sachen EU-Beitritt auf der Seite der Türkei. Das machte er im Gespräch mit dem türkischen Ministerpräsidenten klar. Und dieser scheint entschlossen, alles Nötige für den Beitritt zu tun.

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Gutes Klima zwischen Schröder und ErdoganBild: AP

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan bezeichnete das Gespräch mit Bundeskanzler Gerhard Schröder am Sonntag (3.10.) als "fruchtbar". Dies war sein letztes Treffen mit einem europäischen Politiker vor der Veröffentlichung des Fortschrittsberichts der Europäischen Kommission am Mittwoch. Ein Zeichen dafür, welche Bedeutung die Regierung in Ankara der deutschen Unterstützung beimisst. Erdogan bedankte sich in Berlin bei Schröder für diese Unterstützung persönlich.

Stabiler Anker

Der Bundeskanzler bekräftigte noch einmal, dass er weiterhin den Beitrittswunsch der Türkei unterstütze. Zum einen, weil dem Land schon vor 40 Jahren die Mitgliedschaft versprochen worden sei. Aber vor allem unterstütze er den türkischen Wunsch aus Gründen der Stabilitätspolitik. Denn die Lage im Nahen Osten und Vorderasien sei sehr instabil und das Land am Bosporus unter Führung Erdogans zu einem Stabilitätsanker in der Region geworden.

Laut Schröder liegt es in europäischem Interesse, die Türkei bei einem Vorhaben zu unterstützen, das in der Region seinesgleichen sucht, nämlich "einen nichtfundamentalistischen Islam mit den Werten der europäischen Aufklärung zu verbinden und das zu einem Zuwachs an Stabilität für die Türkei selber, aber auch für Europa zu machen".

Einstimmigkeit

Schröder betonte gleichzeitig, dass es nicht nur auf die Unterstützung der rot-grünen Koalition in Berlin ankomme. "Entscheidend ist, dass wir unser Ziel erreichen und dass alle im Boot bleiben, die darüber entscheiden. Mit Deutschland hat die Türkei kein Problem. Aber mit niemand anderem darf es ein Problem geben, denn wir brauchen einen einstimmigen Beschluss."

Erdogan kennt die Vorbehalte in verschiedenen EU-Ländern und versuchte zu beschwichtigen: "Die Gesetze anzupassen löst das Problem nicht. Wichtig ist die Umsetzung. Das ist das Schwierige. Das bedeutet eine Mentalitätsänderung, was natürlich einen weiteren Kampf notwendig macht. Doch wir sind auch bei der Umsetzung entschlossen und besitzen den politischen Willen, auch die Umsetzung erfolgreich durchzusetzen."

Lohnende Reise

Dafür brauche man aber weiterhin die Unterstützung der Freunde und eine gute Zusammenarbeit der Nichtregierungorganisationen. Schröder erklärte, dass er von einem positiven Fortschrittsbericht ausgehe und unterstrich, was das bedeutet: Soweit das der Fall sein sollte, wird Deutschland auf dem Europäischen Rat im Dezember dafür stimmen, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aufzunehmen. Und wir beide stimmen darin überein, dass es um Beitrittsverhandlungen geht und um nichts anderes."

Das ist als klare Absage an den Vorschlag der Opposition zu verstehen, die Gespräche mit der Türkei mit offenem Ende oder gar mit dem Ziel einer privilegierten Partnerschaft zu führen. Für den türkischen Premier hat sich die eintägige Reise auf jeden Fall gelohnt.