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"Schreib Fußballgeschichte!"

2. Juni 2006

Der Ball ist rund und Papier geduldig - Weisheiten aus der Fußball- und der Literaturwelt. Beide schienen bislang nicht zusammen zu passen. Seit Deutschland der WM entgegen fiebert, ist das anders.

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Die Literaturnier-MacherBild: picture-alliance/dpa

Am Anfang war die Idee, Fußball-Fans im Internet zusammenzubringen. "Wir sind eine Ansammlung von acht Jungs, die was zur Fußball-WM machen wollten", sagt Björn Schray, der wie seine Freunde an der Kölner Sporthochschule studierte. Das Projekt nahm aber einen anderen Verlauf und herausgekommen ist ein ganz besonderes Mitmach-Turnier. "Schreib Fußballgeschichte!" heißt es auf der Internetseite www.literaturnier.de, auf der jeder Fan seine Geschichten zum populärsten Sport der Welt und entsprechende Fotos veröffentlichen kann.


Jeder darf erzählen

Fussball trifft Literatur
Literatur trifft FussballBild: Montage AP/DW

"Erst wollten wir nützliche Tipps von Fans für Fans erstellen. Aber bei der Recherche im Netz sind wir davon abgekommen, weil es schon jede Menge Plattformen gibt", beschreibt Marc Paluch das Projekt. Dann kam den Fußballfans - zum Großteil Anhänger des 1. FC Köln - ein anderer Gedanke. "Wir haben den Slogan genommen 'Die Welt zu Gast bei Freunden' und dachten uns, wir fragen mal nach dem Motto: Wie ist und war es denn bei den Freunden?" Daraus wurde die Seite, auf der jeder Fußballfan seine Erlebnisse erzählen aber auch literarische Texte einstellen kann.

"Ihr könnt nach Hause fahr'n... ihr könnt nach Hause fahr'n..." - so beginnt die Geschichte von Alexandra, die sich über ihre eigene charakterliche Verwandlung bei einem Deutschlandspiel wundert. Der

von ihr vermutete Grund: Die neun gemeinsamen Jahre mit ihrem

Lebenspartner - einem begeisterten Fußballfan. "Jetzt wird mir bewusst, dass ich gerade in typischer Fußball-Manier die gegnerische Mannschaft ausgebuht habe. Upps - wie konnte mir das passieren?" fragt sich Alexandra. Daneben steht die unterhaltsame Story von Bernd mit dem Titel "Hooligans im Opernhaus". In einem Traum kommt es zu Ausschreitungen während eines Opernbesuchs - und zwar zwischen den "Mannschaften" der Krawatten-Träger und der Nicht-Krawatten-Träger.

Von Fans für Fans

Fußbälle WM 2006 Fußball Symbolbild
Von Ballgeschichten und RasenkompetenzteamsBild: dpa

Die Vorgaben für die Texte der Fußballfans: Sie dürfen nicht länger als 3000 Zeichen haben und müssen sich dem Thema Fußball widmen. Alle Autoren der Seite müssen sich einverstanden erklären, dass ihr Stück möglicherweise auch veröffentlicht werden könnte. "Nach jeder Weltmeisterschaft oder einem anderen großen Sportereignis gibt es schöne Bildbände mit tollen Fotos und einer 1:0- Berichterstattung - etwa von Fernsehmoderatoren", sagt Paluch. Er und seine Freunde im Alter zwischen 27 und 34 Jahren wollen nun eine Dokumentation schaffen, die nicht von prominenten Medienmachern, sondern von den Fans selbst kommt.

"Bereits eine Woche nach dem Start (am 9. Mai) hatten wir einen vierstelligen Zugriff", sagt Pulach. Neben den Texten und den Bildern bietet die Internetseite auch eine Kolumne mit dem Namen "Neues von Jupp Verbal". Die Jungs - wie sie sich selber nennen - hoffen noch darauf, Sponsoren für ihre Seite und für die Sachpreise zu finden. "Ganz riesig wäre es, wenn ein Verlag nach dem Fußballfest die Dokumentation veröffentlichen würde", sagt Schray.

"Fotograviererkette"

Weiblicher Fussballfan am Feiern
Fangeschichten...Bild: AP

Er und seine Freunde haben neben der Betreuung des literarischen Turniers "noch einen ganz normalen Job", wie sie sagen. Alle haben Zeit und Geld in das Projekt investiert und daran bislang nichts verdient. Neben der Internetseite entwickelten sie auch Flugblätter mit den Titeln "Fotograviererkette" oder "Wichtig is auf'm Blatt", die von Freunden in anderen Städten verteilt werden und die Seite bekannter machen sollen.
Die Texte und Fotos können von den Besuchern der Seite auch mit Punkten bewertet werden. "Die Sieger bekommen dann Sachpreise, etwa eine Espressomaschine oder eine Kiste Wein", sagt Pulach. Das Projekt kommt nach Meinung von Schray gut an - und unabhängig vom Sieger des Turniers auf dem grünen Platz ist er für sein Projekt optimistisch: "Wir küren den Literatur-Weltmeister." (ina)