Schmidt wegen Dienstwagenklau unter Druck
26. Juli 2009Haushaltspolitiker der Oppositionsparteien FDP und Grünen kündigten am Sonntag (26.07.2009) an, Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt müsse im Haushaltsausschuss des Bundestages begründen, warum sie den Dienstwagen an ihren Urlaubsort in Spanien bringen ließ.
Das Ministerium hatte am Samstag bestätigt, dass die gepanzerte Mercedes-Limousine nahe der spanischen Stadt Alicante gestohlen wurde. Diebe hatten das Zimmer von Schmidts Fahrer aufgebrochen, zunächst die Schlüssel und dann die Limousine entwendet. Eine Sprecherin von Schmidt versuchte die peinliche Aktion anschließend herunter zu spielen: Die SPD-Politikerin habe mit dem Wagen nur dienstliche Termine absolviert, etwa Besuche in Seniorenheimen und Krankenhäusern, sagte sie. Für private Aktivitäten habe Schmidt ein anderes Auto angemietet.
Vollständige Aufklärung gefordert
Der Vorsitzende des Bundestags-Haushaltsausschusses, Otto Fricke, kündigte an, die Ministerin vor den Ausschuss zu laden. Er wolle wissen, für welche Termine Schmidt Dienstwagen und Fahrer in Alicante benötigt habe, sagte der FDP-Politiker der "Bild am Sonntag". Zudem solle die Ministerin darlegen, warum es nicht möglich gewesen sei, dass die Botschaft ihr einen Wagen zur Verfügung stellte.
Der Grünen-Politiker Alexander Bonde forderte einen Nachweis für die Notwendigkeit, den Dienstwagen nach Spanien nachkommen zu lassen. "Nur der Verweis auf dienstliche Termine reicht nicht und ist auch nicht plausibel", sagte er der "Saarbrücker Zeitung".
Eine „vollständige Aufklärung der Dienstwagenaffäre“ forderte der Präsident der Freien Ärzteschaft, Martin Grauduszus. „Eine Ministerin, die nicht müde wird auf angeblich korrupte Ärzte hinzuweisen, kann es sich keinesfalls erlauben, auch nur einen Hauch des Verdachtes auf Missbrauch von Steuergeldern auf sich zu ziehen“, erklärte er.
Auch der Bund der Steuerzahler verlangte von der Ministerin Auskunft. Der Verband werde Schmidt einen Brief schreiben und Aufklärung verlangen, warum der Dienstwagen knapp 5000 Kilometer durch Europa gebracht werden müsste, sagte Geschäftsführer Reiner Holznagel der "Bild am Sonntag". "Nur für den Fahrkomfort einer Ministerin dürfen Steuergelder nicht verschwendet werden", sagte er.
Repräsentantin der Bundesregierung im Kleinwagen undenkbar
Vize-Regierungssprecher Klaus Vater, zuvor Sprecher von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, nahm die Politikerin gegen Vorwürfe der Privatnutzung ihres Dienstwagens in Schutz. Selbstverständlich rechne die Ministerin jeden privat gefahrenen Kilometer mit ihrem Dienstwagen auch privat ab und lasse nicht den Steuerzahler dafür aufkommen, sagte Vater der "Rheinischen Post". Dies gelte auch im Urlaub.
Im spanischen Alicante verbringe Ulla Schmidt seit Jahren regelmäßig ihre Ferien und nehme dabei auch offizielle Termine wahr, so Vater. Dazu zählten unter anderem die Einladung des Bürgermeisters. "Da kann sie als Repräsentantin der Bundesregierung nicht mit einem Kleinwagen vorfahren."
Ulla Schmidt ist seit 2001 Bundesministerin für Gesundheit. Sie übernahm das Amt von ihrer Vorgängerin Andrea Fischer, die wegen des BSE-Skandals zurückgetreten war. Mehrere Jahre arbeitete Schmidt mit ihrem Ministerium an der Gesundheitsreform, die 2007 trotz starker Proteste von Opposition, Krankenkassen und Ärtzeorganisationen abgesegnet wurde. (sas/hf/reuters/ap/dpa)