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Schmerzhafter Umbau des Arbeitsmarkts

Monika Lohmüller8. Oktober 2003

Deutschlands Arbeitsmarkt gilt als verkrustet. Das will die rot-grüne Koalition ändern. Ihre Reformideen basieren auf den Vorschlägen der so genannten Hartz-Kommission. Ein Überblick von Monika Lohmüller.

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Ein flexibler Arbeitsmarkt ist das Ziel der BundesregierungBild: AP

"Die Zeit ist reif, und wir können und wir dürfen uns nicht schuldig machen an einer weiteren Verschlechterung der Situation. Wir müssen eine Trendwende zu Wege bringen", wird Wirtschaftsminister Wolfgang Clement nicht müde, Reformen anzumahnen.

Denn die seit Jahren kontinuierlich hohen Arbeitslosenzahlen haben die Regierung geradezu zum Handeln gezwungen. Allerdings bringen die Reformen schmerzhafte Einschnitte mit sich. So hat die Koalition im Bundestag bereits beschlossen, die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes ab 2006 von 32 auf zwölf Monate zu verkürzen.

Trend zur Frühpensionierung brechen

Damit will sie dem Trend zur Frühverrentung einen Riegel vorschieben, erläutert Clement: "Die lange Bezugsdauer von Arbeitslosengeld in Deutschland für 57-Jährige und Ältere hat dazu geführt, dass viele Unternehmen ihre älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Vorruhestand schicken." Dies geschehe auf Kosten der Sozialkassen und der Beitragszahler und in einer Zeit, in der die Regierung von den Unternehmen aufgefordert werde, die so genannten Lohnnebenkosten zu senken, ergänzt der Minister.

Die Regierung hat darüber hinaus beschlossen, den Kündigungsschutz zu lockern. Kleinbetriebe mit bis zu fünf Beschäftigten sollen bis zu fünf Arbeitnehmer befristet einstellen können, ohne dass der Betrieb unter die Regelungen des Kündigungsschutzes fällt. Damit soll, so die Regierung, ein Einstellungshindernis beseitigt werden.

Erste Reformen umgesetzt

Die ersten Reformschritte sind bereits im Februar 2003 in die Praxis umgesetzt worden. So wurde der Weg in die Selbstständigkeit erleichtert. Außerdem ist die Einkommenshöhe für so genannte Mini-Jobs von 325 auf 400 Euro angehoben worden, also die Grenze bis zu der man praktisch steuerfrei und mit niedrigen Sozialabgaben arbeiten kann.

Doch um weitere anstehende Neuregelungen wird derzeit heftig gestritten, vor allem um das so genannte "Hartz IV"-Gesetz: Die Bundesregierung will darin Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zusammenfassen, so dass künftig alle erwerbsfähigen Arbeitslosen ein so genanntes "Arbeitslosengeld II" bekommen.

Offene Punkte

Damit soll das Nebeneinander von zwei bislang völlig getrennten Systemen beendet werden. Das Arbeitslosengeld II soll etwa auf dem Niveau der Sozialhilfe liegen. Zankapfel ist aber nicht nur die Frage, wer künftig für das Arbeitslosengeld II zuständig ist - der Bund, bisher zuständig für die Arbeitslosenhilfe, oder die Kommunen, bislang zuständig für die Sozialhilfe. Auch über die Höhe der Leistung wird noch gestritten.

"Der Streit geht um die Frage, wie hoch denn dann die neue Leistung sein soll. Ich sage klar, die darf nicht höher sein als die Sozialhilfe", betont der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der oppositionellen CDU/CSU, Friedrich Merz und fordert noch weitere Schritte "Die Sozialhilfe ihrerseits muss umstrukturiert werden. Insbesondere für arbeitsfähige Sozialhilfeempfänger muss in Zukunft gelten, keine Leistung mehr ohne Gegenleistung."

Unmut in den Regierungsparteien

Doch mit den anstehenden Hartz-Gesetzen tut sich nicht nur die Opposition schwer. Es rumort vor allem in den Regierungsfraktionen. Ein Arbeitsloser, so wird argumentiert, dürfe künftig nicht dazu gezwungen werden, jeden Job, also auch einen der Niedriglohnklasse, anzunehmen. Zudem dürften Lebensversicherungen, die der Altersvorsorge dienen, nicht auf das neue Arbeitslosengeld angerechnet werden.