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Politik

Schmähgedicht: Böhmermann geht in Berufung

10. März 2017

Vor einem Jahr sorgte ZDF-Moderator Böhmermann mit einem Schmähgedicht gegen den türkischen Präsidenten Erdogan für Wirbel. Jetzt geht der Rechtsstreit um das Werk in die nächste Runde.

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ZDF- Satiriker Jan Böhmermann
Bild: Getty Images/S. Gallup

Der Fernseh-Satiriker Jan Böhmermann (Artikelbild) hat Berufung gegen das Urteil des Hamburger Landgerichts gegen sein "Schmähkritik" genanntes Gedicht über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan eingelegt. "Herr Böhmermann wird die durch das Urteil erfolgte Einschränkung seiner Grundrechte nicht akzeptieren", sagte sein Anwalt Christian Schertz der "Süddeutschen Zeitung" (SZ).

Wüste Beschimpfungen

Streit um Erdogan-Satire

Böhmermann hatte unter dem Titel "Schmähkritik" in seiner ZDF-Sendung "Neo Magazin Royale" am 31. März 2016 ein Gedicht mit teils wüsten Beschimpfungen gegen Erdogan vorgetragen und dem türkischen Präsidenten unter anderem Sex mit Tieren unterstellt und ihn in die Nähe von Kinderpornografie gerückt. Vor der Verlesung des Gedichts hatte der Moderator gesagt, er wolle den Unterschied zwischen erlaubter Satire und in Deutschland verbotener Schmähkritik erklären.

Das Landgericht in Hamburg verbot Böhmermann am 10. Februar, weite Teile des Gedichtes zu wiederholen. Die strittigen Passagen berührten das allgemeine Persönlichkeitsrecht Erdogans im Kernbereich, hieß es zur Begründung.

Satire dürfe für sich einen großen Freiraum beanspruchen, sei nach den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts "aber nicht schrankenlos", betonten die Richter in der Hansestadt. Von 24 Versen darf der Satiriker nach dieser Entscheidung nur noch sechs vortragen. Erdogan wollte das Gedicht mit einer Unterlassungsklage komplett verbieten lassen. 

 "Übersteigertes Ehrempfinden"

Anwalt Schertz sagte der "Süddeutschen Zeitung", das Gericht habe den aktuellen Gesamtkontext nicht berücksichtigt. Erdogan schränke die Grundrechte in der Türkei systematisch ein und lasse Kritiker und Journalisten inhaftieren. "Das übersteigerte Ehrempfinden" Erdogans dürfe ebenso wenig zum Maßstab des deutschen Rechtsstaates werden wie persönlicher Humorgeschmack oder strategische Erwägungen der Politik, sagte der Rechtsanwalt Böhmermanns.

Die Berufungsverhandlung vor dem Landgericht wird nach SZ-Informationen vermutlich erst in Monaten stattfinden. Die zuständige Kammer gelte als chronisch überlastet.

wl/uh (afp,dpa,epd)