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Schlussphase im Prozess gegen Charles Taylor

8. Februar 2011

Im Verfahren gegen den liberianischen Ex-Diktator Charles Taylor haben die Kläger ihr letztes Plädoyer vorgetragen. Bis heute streitet er ab, an den Kriegsverbrechen im Nachbarland Sierra Leone Schuld zu sein.

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Ex-Präsident Taylor erwartet das Schlussplädoyer. (Foto: dpa)
Ex-Präsident Taylor erwartet das SchlussplädoyerBild: picture-alliance/dpa

Ein elf Jahre langer Bürgerkrieg in Sierra Leone und Gräueltaten wie abgehackte Gliedmaßen, Mord, Vergewaltigung, Versklavung und Rekrutierung von Kindersoldaten – all das geht laut der Anklage des sierra-leonischen Sondertribunals auf das Konto des ehemaligen liberianischen Präsidenten Charles Taylor. Sein Prozess soll diese Woche zu Ende gehen, nach drei Jahren Verhandlungen und noch längeren Versuchen, ihn zur Rechenschaft zu ziehen. In elf Anklagepunkten ist er wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Die Kläger trugen am Dienstag (08.02.2011) ihre Plädoyers vor. Taylor selbst hat die entscheidende Schlussphase seines Prozesses boykottiert. Auch sein Rechtsanwalt Courtenay Griffiths weigerte sich am Mittwoch (09.02.2011), vor dem Sondertribunal zu erscheinen. Er sollte eigentlich das Schlussplädoyer der Verteidigung vortragen. Das Gericht setzte die Verhandlung bis kommenden Freitag aus. Taylor und sein Anwalt hatten am Vortag das Gericht aus Protest verlassen, nachdem ihnen nicht gestattet worden war, eine Analyse des Prozessverlaufs als offizielles Dokument einzureichen. Griffith kündigte Berufung gegen diese Entscheidung des Tribunals an. Vor einer Entscheidung darüber werde er das Schlussplädoyer nicht halten.

Ein Bürgerkrieg für Diamanten

1991 fielen Rebellen in Sierra Leone ein. (Foto: Sarah Bomkapre-Kamara)
1991 fielen Rebellen in Sierra Leone einBild: Sarah Bomkapre-Kamara

Gemeinsam mit dem sierra-leonischen Rebellenführer der Revolutionary United Front (RUF), Foday Sankoh, soll Taylor den Bürgerkrieg in dem liberianischen Nachbarland befeuert haben. Das Ziel war, die Kontrolle über die wertvollen Ressourcen des Landes zu erlangen. Sierra Leone ist besonders reich an Rohstoffen wie Gold, Platin und Diamanten. Bei einem revolutionären Trainingscamp in den 80er Jahren in Libyen hätten die beiden diesen Plan gefasst, so die Anklage. Dem Bürgerkrieg sind nach UN-Schätzungen bis 2001 mehr als eine viertel Million Menschen zum Opfer gefallen.

Prominente Zeugen

Der Prozess zog wiederholt Aufmerksamkeit auf sich. Nach der Anklage im Jahr 2003 versteckte Taylor sich drei Jahre lang in Nigeria, bis er festgenommen wurde. Seine Verhaftung wurde als Zeichen gesehen, dass afrikanische Warlords nicht mehr ungestraft bleiben. Im Juli 2007 sollten die Verhandlungen beginnen, doch Taylor erschien nicht vor Gericht und entließ seine Anwälte, da er daran zweifelte, dass er ein faires Verfahren erhalten würde. Ein halbes Jahr später konnte das Verfahren mit neuen Anwälten beginnen.

Unter den 115 Zeugen, die im Prozess aussagten, waren auch die Schauspielerin Mia Farrow und das Topmodel Naomi Campbell. Nach einem gemeinsamen Essen im Jahr 1997 beim ehemaligen südafrikanischen Präsidenten Nelson Mandela soll Taylor dem Model Diamanten geschickt haben. Diese soll er im Austausch gegen Waffenlieferungen an sierra-leonische Rebellen erhalten haben.

Im sierra-leonischen Bürgerkrieg haben auch Kindersoldaten gekämpft. (Foto: AP)
Im sierra-leonischen Bürgerkrieg haben viele Kindersoldaten gekämpftBild: AP

Taylor beharrt auf seiner Unschuld

Kann die Anklage beweisen, dass Taylor tatsächlich Kontrolle über die plündernden und mordenden Rebellen der RUF hatte, muss er sich auch für deren Verbrechen verantworten. Während des Bürgerkrieges zwischen 1991 und 2002 posierte Taylor sogar als Friedensstifter. Diesen Umstand nutzt seine Verteidigung, um seine Rolle in Sierra Leone positiv darzustellen. Die Region Westafrika sei außerdem so zersplittert gewesen, dass Taylors grenzüberschreitende Waffengeschäfte so einfach nicht möglich gewesen wären.

Das sierra-leonische Sondergericht wird von den Vereinten Nationen unterstützt. Wegen der Gefahr neuer Unruhen in Liberia und Sierra Leone findet das Verfahren in Den Haag statt. Das Urteil der Richter wird noch vor Ende des Jahres erwartet. Im Falle eines Schuldspruchs im niederländischen Den Haag wird Taylor in Großbritannien seine Gefängnisstrafe ableisten.

Autorin: Annika Reinert (afp, dpa)

Redaktion: Katrin Ogunsade