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Schluckspechte kennen keine Grenzen

Klaus Deusse22. März 2004

Rund um den Globus sind die auf ihre deutsche Bierkultur so stolzen Manager schon seit Jahren dabei, führende Marktpositionen aufzubauen. Da bleiben kleine, traditionsreiche Brauereien nicht selten auf der Strecke.

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Der Schein trügt: <br>Bierkonsum in Deutschland stagniertBild: Bilderbox

Auf dem weltweit heftig umkämpften Biermarkt gibt es seit ein paar Wochen eine neue Nummer 1: die belgische Interbrew, die mit einer spektakulären Einkaufstour schon den deutschen Markt aufgerollt hat, hat mit der brasilianischen AmBev fusioniert. Und damit hat der Brauriese den US-Konkurrenten Anheuser Busch von der Spitze verdrängt. Bier ist eben grenzenlos.

Ins Tal der Dürre hat es die Brauereien zwischen Flensburg und Füssen zwar noch nicht verschlagen, doch auf dem heimischen Markt spielen sie mittlerweile nicht mehr die erste Geige. Während sich noch vor fünf Jahren der nationale Biermarkt fest in deutscher Hand befand, haben ausländische Bierkonzerne wie Interbrew, Heineken und Carlsberg inzwischen zahlreiche Traditionsmarken übernommen.

Verdrängung in der Brau-Branche

Seit 2001 gab etwa Interbrew für Übernahmen in der Bundesrepublik gut 3,5 Milliarden Euro aus. Mit einem Brauvolumen von gut 16 Millionen Hektolitern rangierte der belgische Konzern hierzulande lange Zeit an der Spitze. Auf Platz drei liegt der niederländische Brau-Multi Heineken mit rund neun Millionen und mit über acht Millionen Hektolitern hat die dänische Carlsberg Gruppe Rang fünf erobert. In nur drei Jahren schluckten internationale Braukonzerne fast ein Drittel des deutschen Biermarktes.

Seit Februar haben sich die Kräfteverhältnisse abermals verschoben, nachdem die Oetker-Gruppe den Getränkekonzern Brau und Brunnen übernommen hat. Das Übernahme-Karussell dreht sich immer schneller, stehen doch mit dem US Unternehmen Anheuser-Busch, den britischen Brauern von Scottish&Newcastle sowie SAB Miller aus Südafrika drei weitere Interessenten vor der Tür. Schließlich firmiert die Bundesrepublik nach China und den USA als drittgrößter Markt für Gerstensaft auf dem Globus, auch wenn immer weniger Bier durch durstige deutsche Kehlen rinnt. So sackte der Absatz im vergangenen Jahr gegenüber 2002 um über zwei Prozent auf noch 105,5 Millionen Hektoliter ab.

Zur Verdeutlichung des Rückgangs: Mit den vorhandenen Kapazitäten könnten die Brauereien im Land bis zu 170 Millionen Hektoliter ausstoßen - und damit sozusagen aus dem Stand den Bedarf in Frankreich, Italien und Spanien gleich mit abdecken. Den daraus resultierenden Verdrängungswettbewerb überstanden noch knapp 1280 Braustätten, während über 100 in den letzten Jahren die Segel streichen mussten. Überkapazitäten und nachlassender Bierdurst führten letztlich zu einer Selbstbereinigung des Marktes, mit einer zunehmenden Dynamik bei den Übernahmen.

Regionale Besitzstände

Mittlerweile befinden sich mehr als 70 Prozent des Marktes in der Hand der zehn größten Anbieter. Gut geht es dabei vor allem Premium-Marken, deren Export in die EU-Länder um elf Prozent auf neun Millionen Hektorliter stieg. Oder aber Mittelständlern, die sich auf die Schärfung ihrer Produktpalette verlegt haben - wie die Privat-Brauerei Fiege in Nordrhein-Westfalen, die sich bislang jedem Übernahmeangebot widersetzte.

Über Braumengen in den Kampfpreis zu gehen, das allerdings können sich mittelständische Brauereien nicht leisten. Also konzentriert man sich auf das, was man kann und was die treue Kundschaft in der Region bevorzugt. Um weiter gegen die Großen einträglich bestehen zu können, verteidigen Brauereien wie Fiege ihre regionalen Besitzstände nach Kräften. Schließlich wissen auch ausländische Interessenten wie Interbrew, dass es nicht das deutsche Bier schlechthin gibt, sondern nur Biere, die in der Region verwurzelt sind. Das ändert jedoch nichts daran, dass die Mittelständler in der Brau-Branche zunehmend ins Visier der Großen geraten.