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Politik

Schlechtes Klima für Berlin ?

Richard A. Fuchs
25. Januar 2017

Der neue Energieplan von US-Präsident Donald Trump kommt ohne die Erwähnung von erneuerbaren Energien und Klimapolitik aus. Das ruft Klimaschützer in Deutschland auf den Plan. Laufen ihre Ambitionen bald ins Leere?

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Deutschland Berlin - Sigmar Gabriel bei der Handelsblatt Energietagung 2017
Sigmar Gabriel bei seinem letzten großen Auftritt als Energieminister bei der Handelsblatt Energietagung in Berlin Bild: Euroforum

Gefährdet US-Präsident Donald Trump die deutsche Klimaschutzpolitik? Das ist die wohl letzte große Frage, mit der sich Sigmar Gabriel in seiner Funktion als Energieminister des Landes Anfang der Woche befassen musste. Bei einem Energiekongress des "Handelsblatts" waren Manager und Klimaschützer nach Berlin gekommen, um die ersten Signale der neuen US-Administration in Sachen Energie- und Klimapolitik zu deuten. Geplante Etatkürzungen bei der mächtigen US-Umweltschutzbehörde EPA, eine Wiederbelebung von umstrittenen Pipeline-Projekten und ein amerikanischer Energieplan, der ohne Erwähnung von erneuerbaren Energien auskommt, gehören dabei zu den deutlichsten Fingerzeigen, wohin die Reise unter Trump gehen könnte.

Deutschland Berlin - Sigmar Gabriel bei der Handelsblatt Energietagung 2017
Die letzten Gespräche eines Energieministers: Gabriel wechselt bald ins Außenamt Bild: Euroforum

Gabriel: Neue Allianzen schmieden, Chancen nutzen

In Europa verstehen viele die neuen Töne als Kampfansage an den in Paris begonnen Prozess zur Einhaltung der Weltklimaziele.  Dennoch rief Gabriel, der nach seinem Auftritt vor Energie-Bossen am Dienstag den Verzicht auf SPD-Kanzlerkandidatur und Wirtschaftsministeramt verkündete, zu Gelassenheit und Wachsamkeit im Umgang mit der neuen US-Administration auf.

"Wir müssen Trump starke, internationale Partnerschaften entgegensetzen", forderte der ins Außenamt wechselnde SPD-Minister. Und an die Manager der krisengebeutelten Energieunternehmen, deren Geschäft mit Strom aus Kohle, Gas und Atom stark eingebrochen ist, sagte er: "Wer die deutsche Energiewende erfolgreich überlebt hat, der ist jetzt auch für Größeres gewappnet."

Auf was sich Deutschlands Klimaschutzdebatte einstellen kann, das zeigte am Mittwoch ein prominenter Gast, der aus Texas angereist war. William Colton, Vizepräsident und Chefstratege des amerikanischen Ölkonzerns Exxon, sprach über seine Sicht auf Deutschlands Energiewende und über europäische Klimaschutzambitionen. Diese sehen vor, bis 2030 die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken.

USA Gettysburg Trump mit Rudy Giuliani im Gettysburg National Military Park
Windige Zeiten: In Sachen Energie setzt Trump lieber aufs Öl Bild: Reuters/J. Ernst

Exxon-Manager: Ambitionierten Klimaschutz verfehlt man leicht

Die rechte Hand des Exxon-Chefs und damit des designierten US-Außenministers Rex Tillerson, sprach indirekt natürlich aber auch über die neuen Leitlinien der Trump-Administration. Diese neuen Energie-Koordinaten lassen viele Klimaschützer aufhorchen. Klimaschutz hochhalten, das ist in der Außendarstellung jetzt kein Muss mehr. Dieser Eindruck drängt sich auf, wenn man Colton über altbekannte Rezepte der Energiewirtschaft reden hört. Beispielsweise darüber, dass sich Konsumenten am Ende keine Gesetze diktieren ließen - auch keine Klimagesetze. "Die Kunden wollen in vielen Fällen genau das Gegenteil, was der Gesetzgeber ihnen in Sachen Klimaschutz auferlegen will", war deshalb einer der zentralen Botschaften Coltons. 

Dabei verwies er auf den Boom großer SUV-Fahrzeuge in den USA - und die vermeintliche Totgeburt der elektrischen Fahrzeuge. Nach Exxon-Prognosen werden rein elektrisch betriebene Autos auch 2040 ein Nischendasein fristen. Für Hybridfahrzeuge, die mit Gas oder Benzin in Kombination mit elektrischem Antrieb fahren, rechnet er weltweit mit gerade einmal 15 Prozent Marktanteil. Und Öl, das Kerngeschäft des Öl- und Gasgiganten aus Texas, werde auch 2040 mit Abstand die wichtigste Energiequelle der Welt darstellen. Deutschlands forcierten Ausbau von Wind- und Solarenergie, bezeichnete er mit amerikanischer Höflichkeit formuliert, als teuren Holzweg. 

Washington Trump Unterzeichnung Dekret Pipelineausbau Keystone XL
US-Präsident Trump forciert den umstrittenen Bau der Pipeline Keystone XL wieder. Bild: Reuters/K. Lamarque

Dass der Ölmanager fossilen Brennstoffen gute Zukunftschancen einräumt, konnte dabei kaum verwundern. Mit welchem kraftstrotzenden Selbstvertrauen er dies aber verband, erinnerte viele Zuschauer an die neuen Machtverhältnisse in Washington und die einschneidenden Veränderungen, die daraus resultieren könnten. In Richtung Deutschland sagte Colton: "Wer besonders weit voranprescht beim Klimaschutz, der verfehlt seine Ziele auch leicht." Dabei verwies der Texaner auf das Ziel der Bundesregierung, dass hierzulande bis 2030 rund 40 Prozent weniger Treibhausgase ausgestoßen werden sollen. Letzte Berechnungen zeigen, dass dieses Ziel wohl um knapp sieben Prozent verfehlt wird. Derlei Zielverfehlungen würden in den USA sehr wohl wahrgenommen. 

Deutschland: Einzelgänger oder Vorreiter?

Auf Kritik wie diese hatte der Noch-Wirtschaftsminister Gabriel bereits am Vortag reagiert. Er hob hervor, dass es zu den großen Erfolgen der aktuellen Bundesregierung von Union und SPD zähle, die übergeordneten Emissionsminderungsziele auf ganz konkrete Verpflichtungen in den einzelnen Energiebereichen heruntergebrochen zu haben. Im Klimaschutzplan 2050, den die Bundesregierung nach viel Zwist dann doch noch auf der Klimakonferenz in Marrakesch im Dezember präsentieren konnte, wird dargelegt, wie viel Treibhausgase bei Verkehr, Landwirtschaft, Stromproduktion oder Heizungsanlagen bis 2050 eingespart werden muss.

"Kein anderes Land hat einen so detaillierten und so ambitionierten Plan", lobte der Energieminister seine Regierungsarbeit und verband seinen letzten Auftritt in diesem Amt damit, die deutsche Energiewende als Gegenmodell zu den rückwärtsgewandten Kohle- und Erdöl-Plänen Trumps zu positionieren. "Die Energiewende macht volkswirtschaftlich Sinn", sagte Gabriel. Und dies würden inzwischen so viele Länder weltweit verstehen, dass er keine Angst um das Momentum beim weltweiten Klimaschutzdialog habe.