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Schlechtere Laune bei den Chefs

24. Juni 2015

Ein Paradox? Die Konjunktur hat sich zuletzt belebt, trotzdem beurteilen deutsche Unternehmen ihre Lage und ihre Zukunft pessimistischer, so das ifo-Institut.

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Symbolbild Deutsche Bahn Logistik
Bild: picture-alliance/dpa

Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Unternehmen hat sich im Juni eingetrübt. Das Barometer für das Geschäftsklima fiel von 108,5 auf 107,4 Punkte, wie das Münchner Ifo-Institut am Mittwoch zu seiner Umfrage unter 7000 Managern mitteilte. Dieser zweite Rückgang des Konjunkturbarometers in Folge fiel deutlicher aus, als von Experten erwartet.

"Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft sind gedämpft", sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. Die Führungskräfte beurteilten sowohl ihre Lage als auch ihre Geschäftsaussichten schlechter als im Vormonat.

Gute Konjunktur, nur Russland-Exporte eingebrochen

Viele Ökonomen gehen davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt im zu Ende gehenden zweiten Quartal kräftiger wachsen wird als zu Jahresbeginn mit 0,3 Prozent. Hintergrund ist, dass sich die Konjunktur zuletzt eigentlich belebt hat: Exporte, Industrieaufträge und Produktion zogen an.

Die Exporte nach Russland haben die deutschen Exporteure in diesem Jahr jedoch weitere Milliarden gekostet. Schuld sind die Wirtschaftskrise in Russland und die westlichen Sanktionen.

Die Ausfuhren in das lange Zeit boomende osteuropäische Land brachen von Januar bis April um ein Drittel auf 6,8 Milliarden Euro ein. Das geht aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervor, die der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch vorlagen.

Bereits 2014 waren die deutschen Ausfuhren nach Russland um rund 18 Prozent zurückgegangen. Wegen des russischen Vorgehens im Ukraine-Konflikt hatte der Westen Sanktionen verhängt und erst Anfang dieser Woche verlängert.

Griechenland als Ursache

Ökonomen sehen den Grund für die schlechtere Stimmung bei den Unternehmen vor allem bei Griechenland. Thomas Gitzel von der VP Bank glaubt, das die Griechenland-Krise die Unternehmen verunsichere. Auch Andreas Scheuerle von der Deka Bank meint: "Die Belastungen der Unternehmensstimmung durch die sich zuspitzende Griechenland-Krise wogen im Juni schwerer als die guten Rahmenbedingungen für die Konjunktur". Der schwache Euro, der niedrige Ölpreis und die Konsumlust der deutschen Verbraucher würden aber die Konjunktur weiterhin anschieben, so Scheuerle. Befreit vom Ballast der Griechenland-Krise könne die deutsche Volkswirtschaft in den kommenden Monaten wieder kräftiger wachsen.

Der Ifo-Index gilt als wichtigster Frühindikator für die deutsche Wirtschaft. Er wird monatlich aus der Befragung von rund 7000 Unternehmen aus Industrie, Einzel- und Großhandel sowie aus der Bauwirtschaft ermittelt und bildet die aktuelle Lage der Firmen und ihre Erwartungen für die kommenden sechs Monate ab.

DIW rechnet mit Wachstum

Anders als die deutschen Unternehmenslenker verbreitet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) gut Stimmung. Beim DIW erwartet man bis Ende kommenden Jahres ein robustes Wachstum, einen Beschäftigungsrekord und stark steigende Löhne bei niedriger Inflation in Deutschland. Der günstige Ausblick basiert auf einer kräftigen Binnenkonjunktur und einer Erholung der Weltwirtschaft, sagte der Leiter der DIW-Abteilung Konjunkturpolitik, Ferdinand Fichtner, am Mittwoch in Berlin.

Für dieses Jahr korrigierte das DIW seine Wachstumsprognose dennoch von zuvor 2,2 Prozent auf nur noch 1,8 Prozent. Grund dafür sei das unerwartet schwache erste Quartal. Für 2016 rechnet das Institut unverändert mit einer Steigerung des Bruttoinlandsprodukts um 1,9 Prozent. Voraussichtlich werde die Zahl der Erwerbstätigen 2016 erstmals die Marke von 43 Millionen übertreffen, sagte Fichtner. Die Arbeitslosenquote dürfte demnach von 6,7 Prozent im Vorjahr auf 6,4 Prozent 2015 und 6,2 Prozent im Jahr 2016 sinken.

Die Inflationsrate wird nach der Prognose in diesem Jahr bei 0,6 Prozent liegen, stark gedämpft vom gesunkenen Erdölpreis. Im nächsten Jahr sollen es dann 1,2 Prozent werden. Bei einem Anstieg der durchschnittlichen Bruttolöhne von 3,1 Prozent (2015) und 3,3 Prozent (2016) bedeute das deutlich mehr Kaufkraft.

Für die öffentlichen Haushalte sieht das DIW in diesem und im nächsten Jahr jeweils einen Überschuss von 0,5 Prozent im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt voraus. Dadurch ergäben sich Spielräume, um die Sozialabgaben zu senken, die in Deutschland weit über dem EU-Durchschnitt lägen.

iw/zdh (rtrs, dpa, afp)