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Schlanke braune Linie

Patrick Tippelt19. September 2005

Bangkoks Polizei trägt die feschesten Uniformen Asiens, aber die Beamten füllen sie zu gut aus. Nebenbei sind sie ganz offiziell korrupt. Eine Benimmbilanz der Ordnungshüter Thailands.

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Knalleng sitzen die tiefbraunen Uniformen und werden von hohen, schwarzen Kampfstiefeln abgerundet. So manche Fantasie eines Uniformfetischisten ist gewiss schon durchgegangen beim Anblick der thailändischen Polizisten. Natürlich hilft da auch die adrette Statur vieler Thais: Null Prozent Körperfett – so denkt sich manch Tourist neidvoll.

Seit mittlerweile drei Jahren findet eine Webseite für Fans der Jungs in Uniform regen Zuspruch: Mehr als 150.000 Thais besuchen sie regelmäβig. Hunderte von Fotos sind auf ihr gesammelt worden, alle mit frechen Sprüchen versehen. Frauen träumen von einem Mitritt auf dem Motorrad, Schwule geben sich Verhaftungsfantasien hin. Immer wieder klagen die Polizisten über sexuelle Belästigung auf der Straβe und nächtliche Fan-Anrufe beim Notruf.

Trächtiges Imageproblem

Doch nicht alle Polizisten haben Traummaβe. Anfang 2005 ging ein kleiner Aufschrei durch die Stadt: Mehr als die Hälfte der Verkehrspolizei sei nicht fit genug; 40 Prozent wiesen zu hohe Cholesterinwerte auf, fast 75 Prozent seien schlicht zu fett. Da kamen auch Hüftumfänge von 120 Zentimeter vor. Nachdem sich ganz Bangkok darüber amüsiert hatte, sah die Bangkoker Polizeibehörde keinen anderen Ausweg, als den Dicken zu drohen. Innerhalb von sechs Monaten sollten sie abnehmen; andernfalls würden sie an Schreibtische versetzt und mit geringerem Lohn abgestraft.

Die Warnung wurde ernstgenommen. Stolz präsentierte Anfang September die Polizei 85 ihrer dicksten Beamten und deren Diäterfolge. Nach drei Monaten rigorosem Abschlacken mitsamt Aerobic, Joga und Akupunktur-Sitzungen hatte jeder der Teilnehmer am "Mein Gott – 1 Meter Umfang!"-Programm durchschnittlich 6,8 Kilo abgenommen. Ein eifriger Polizist hatte stolze 16 Kilo verloren und erhielt eine Prämie von 60 Euro. Der nächste Diätplan hat bereits begonnen: "Auf Dauer abnehmen durch Hausmannskost."

Von Skandal zu Skandal

Um das Image der Verkehrspolizei Bangkoks steht es nicht gut, da werden solch niedliche Prozeduren gerne medial breitgetreten. Im Februar kam es zum Eklat, weil jedem 5. Verkehrspolizisten Grundregeln der Straβenverkehrsordnung nicht bekannt waren. Im März bat die Polizeibehörde die Bürger Bangkoks zur Mithilfe auf. Sie sollten Polizisten melden, die unbefugt Straβenkontrollen errichteten, um ihren mageren Lohn aufzubessern. Offiziell wurde Straβenrand-Erpressung bekämpft. Was man damals gern verschwieg, war die Einführung eines neuen Systems kurz zuvor: Polizisten werden fürs Geldeintreiben belohnt, und das treibt zur Erpressung von Verkehrsteilnehmern.

Anfang April gab die Behörde offiziell zu, dass Polizeikorruption existiert. Jedes Revier Bangkoks sei korrupt, die Mehrheit der Polizisten habe irgendwann dreckiges Geld akzeptiert. Aber dieser Bericht verklang beinahe ungehört, denn korrupte Polizisten gehören zum thailändischen Alltag.

Die Bangkoker Polizei hat talentierte PR-Berater. Kleinste Erfolge werden aufgeblasen, und Allgemeinwissen wird als Wille zur Korruptionsbekämpfung umgedeutet. Ändern wird sich nichts, das weiss jeder Bangkoker.

Sicherheit auf Diät

Doch andere Tatsachen verschweigt man gern. Im vom Bürgerkrieg geplagten Süden beklagen viele Polizisten ihre ungenügende Ausbildung in Ermittlungsmethoden. Der Polizeipräfekt der Yala-Provinz, einer der am meisten von Bombenanschläggen gequälten Gegenden, klagte jüngst über mangelndes Wissen seiner Ermittler. Viele von ihnen könnten nicht einmal Fingerabdrücke sicherstellen. Rasch wurde ein Trainingsseminar für 300 Polizisten zusammengestellt. Nun vergessen die meisten Polizisten zumindest nicht, Plastikhandschuhe überzustreifen, wenn sie Tatorte inspizieren. Ein versprochenes forensisches Team aus Bangkok ist aber noch nicht zur Hilfe gekommen. Die Bangkoker Polizei ist anderweitig beschäftigt – mit ihren Diäten.