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Schlaf ein, mein Kind

4. September 2009

Mehr Familiensaga als bloßer Krimi: Andrew Gordon Brown aus Südafrika ist mit diesem Roman ein großer Wurf gelungen. Mit literarischer Tiefe und Spannung unterhält die mörderische Geschichte bis zur letzten Seite.

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Der südafrikanische Autor Andrew BrownBild: Ben Williams

Vordergründig sind die Zutaten dieser Geschichte genretypisch: Ein depressiver, versoffener Kommissar, eine schöne, junge, weibliche Leiche, ein böser, schwarzer Mörder. Und Andrew Brown liebt es, diese Klischees dem Leser hinzuhalten wie Karten im Spiel der Vorurteile. Diese Karten werden im Laufe des Spiels, der Geschichten, denn es sind zunächst zwei Erzählstränge, immer wieder neu gemischt. Schließlich verschwimmen sogar die Grenzen zwischen schwarz und weiß im wörtlichen Sinne. Menschliche Makel werden offensichtlich, menschliche Stärken erwachsen aus einem Sumpf von Verzweiflung und Einsamkeit. Ein düsterer Roman? Sicherlich. Und doch feiert Andrew Brown nicht den Untergang. Allenfalls den Untergang der Lügen, der Borniertheit und des Stolzes.

Zwei Erzählungen werden zu einer

Buchcover Schlaf ein mein Kind von Andrew Brown
"Schlaf ein, mein Kind" von Andrew BrownBild: randomhouse

Die Leiche der weißen Abiturientin Melanie treibt in einem Bach. Sie wurde ermordet, möglicherweise zuvor vergewaltigt. Ihr Mörder scheint schnell gefunden, ein illegaler Einwanderer aus Burundi. Der Vater, ein etabliertes Mitglied der weißen Oberschicht, nimmt schreckliche Rache und tötet den Mann. Der Fall könnte zu den Akten gelegt werden, doch Melanie hat ein Buch hinterlassen, eine Sammlung von Wiegenliedern. Und dann taucht eine fehlende Seite aus dem Buch wieder auf, die das schwarze Ermittlerduo aus abgestürztem Kommissar und aufsteigender Assistentin an eine andere Variante des Geschehens glauben lässt.

Der Körper des schwarzen Sklavenmädchens Sanna treibt in einem Bach. Sie tankt Kraft, um den Attacken ihres „Masters" standhalten zu können, vor denen es kein Entrinnen zu geben scheint. Doch Sanna ist stärker als das etablierte Machtgefüge. Auch wenn es in diesen frühen Jahren der Kapkolonie keine Zukunft für ein starkes, schwarzes, 15jähriges Mädchen gibt.

Zwei Schicksale, die gegen Ende der Geschichte für den Leser zusammen gewoben werden und nur für ihn. Die Figuren des Romans wissen nichts voneinander. Die Geschichte endet mit einem lauten Knall und einer leisen Geste. Ein Abschied von kollektiven Gewissheiten, der individuelle Erkenntnis ermöglicht.

Eine Geschichte, der es an nichts fehlt

Das Original von "Schlaf ein, mein Kind" erschien schon 2005, erst jetzt wurde die deutsche Ausgabe veröffentlicht. Möglicherweise hat der Erfolg des südafrikanischen Thriller-Autoren Deon Meyer den Verlag dazu ermutigt, das Buch überhaupt auf den Markt zu bringen. Doch zu Recht steht auf dem Cover des Buches Roman und das sonst verkaufsfördernde "Kriminal" fehlt. Weil es dieser Geschichte an nichts fehlt.

Andrew Brown: "Schlaf ein, mein Kind", btb-Verlag

Autor: Dirk Bathe

Redaktion: Katrin Ogunsade