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Schiller: Erster deutscher Dichter auf Arabisch

Abdo Abboud (qantara.de)17. August 2005

Deutschland feiert in diesem Jahr den 200. Todestag Friedrich Schillers. Wenige wissen, dass er auch in der arabischen Welt besondere Bedeutung hat - manchmal jedoch erst nach einer Übersetzung aus dem Bulgarischen.

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Bildmontage: Schiller bei den Pyramiden - auch das hat TraditionBild: dpa/dw

Friedrich Schiller wurde bereits früh von der arabischen Welt entdeckt. Als Nicola Fayyad und Najib Tarrad im Jahre 1900 sein Drama "Kabale und Liebe" aus dem Französischen ins Arabische für eine Aufführung im russischen Konsulat in Beirut übertrugen, war diese Übersetzung der Auftakt der Begegnung der arabischen Welt mit deutscher Literatur.

Übersetzungen aus Mittlersprachen

1907 übertrug Tanios Abdo "Kabale und Liebe" zum zweiten Mal aus dem Französischen ins Arabische und gab seiner Übersetzung den Titel "Leidenschaft und List" (gharam wa ihtial). Das Drama wurde 1936 ein drittes Mal von Hassan Sadeq und 1994 schließlich zum vierten Mal von Abdulrahman Badawi übersetzt, diesmal mit dem Titel "Verschwörung und Liebe" (al-mu'amara wa al-hubb).

Die ersten drei Versionen wurden aus dem Französischen als Mittlersprache übertragen, wohingegen die jüngste Übersetzung als erste das deutsche Original als Ausgangstext verwendete.

Die arabische Rezeption Schillers ist von zwei Phänomenen bestimmt: Zum einen wurde das einzelne literarische Werk mehrfach übersetzt, zum anderen wurde es aus einer Mittlersprache und nicht aus der Ausgangssprache übertragen.

"Die Räuber" war das zweite Werk Schillers, mit dem sich die arabische Welt auseinander setzte. 1916 wurde das Drama unter dem Titel "Die Räuber des Waldes" (lusuus al-ghaba) zum ersten Mal in einem arabischen Land - in Ägypten - aufgeführt. Allerdings wurde das Stück damals fälschlicherweise dem Philosophen Friedrich Nietzsche zugeschrieben. 1928 erschien in Kairo eine arabische Übersetzung des Dramas aus dem Englischen, eine weitere Übersetzung aus dem Englischen erschien 1962 in Beirut.

Der Schiller-Übersetzer

Abdulrahman Badawi übertrug "Die Räuber" 1981 erstmals aus dem Deutschen. Ob dies die mittlerweile dritte oder vierte arabische Übersetzung des Werkes war, ist jedoch nicht nachvollziehbar. Badawis Übersetzung erschien in Kuwait in der Buchreihe "Theater der Welt" (min al-masrah al-alami), die vom kuwaitischen Informationsministerium herausgegeben wurde.

Diese Übersetzung war die erste Schiller-Übersetzung Badawis, der damit innerhalb der arabischen Welt seinen Ruf als Schiller-Übersetzer begründete.

"Die Jungfrau von Orléans" erfuhr ebenso viel Beachtung: 1928 erschien eine Teilübersetzung des Werkes in der Zeitschrift "Al-Mawrid As-Safi". Die jüngste arabische Übersetzung von "Die Jungfrau von Orléans" erschien 2004 in Kuwait innerhalb der Reihe "Literarische Meisterwerke der Welt" (al-ibda'at al-alamia), die vom "Nationalrat für Kultur, Kunst und Literatur" herausgegeben wurde. Da diese Buchreihe in den arabischen Ländern weite Verbreitung fand, wurde nun auch Schiller überall in der arabischen Welt bekannt.

Zu wenig Übersetzer aus dem Deutschen

"Maria Stuart" ist das einzige Werk Friedrich Schillers, das heutzutage in den Buchhandlungen Syriens und Libanons und wahrscheinlich auch in anderen arabischen Ländern auf Arabisch erhältlich ist.

Diese Übersetzung steht jedoch für die Problematik der Rezeption Schillers in der arabischen Welt, wurde sie doch über das gesamte 20. Jahrhundert hinweg durch die Übersetzungen aus Mittlersprachen wie Französisch, Englisch und sogar Bulgarisch dominiert. Erst mit Abdulrahman Badawi und Nabila Ibrahim traten Übersetzer in Erscheinung, die die Werke Friedrich Schillers direkt aus dem Deutschen übertragen konnten.

Dennoch wurden "Wilhelm Tell", "Maria Stuart" oder "Die Räuber" weiterhin aus Mittlersprachen ins Arabische übertragen, denn es gab zu wenig Übersetzer aus dem Deutschen, die der Nachfrage arabischer Leser nach deutscher Literatur hätten nachkommen können.

Interesse für das Theater

Auffällig ist, dass sich die Übersetzungen Schillers fast ausschließlich auf seine Dramen beschränken. Dies hängt vor allem damit zusammen, dass sich das Theater in der arabischen Welt erst spät etabliert hat. Anspruchsvolle Theaterstücke waren rar, so dass die große Nachfrage nach Theaterstücken Übersetzungen anderssprachiger Dramatiker hoch war.

Bis heute stellen Übersetzungen oder Adaptierungen den größten Teil der Aufführungen auf den Brettern der arabischen Welt dar. Vor diesem Hintergrund ist nachvollziehbar, warum in den arabischen Ländern ganze Buchreihen mit Titeln wie "Theater der Welt" oder "Literarische Meisterwerke der Welt" erschienen sind, in denen anderssprachige Theaterstücke in arabischer Übersetzung zusammengestellt wurden.