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Schering flieht unter Bayers Fittiche

24. März 2006

Das von der Übernahme durch den Konkurrenten Merck bedrohte Pharmaunternehmen Schering will unter das Dach des Bayer-Konzerns flüchten. Durch die Fusion sind 6000 Arbeitsplätze bedroht.

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Die Schering-Zentrale in BerlinBild: AP
Hauptsitz der Bayer AG in Leverkusen
Hauptsitz von Bayer in LeverkusenBild: AP

Der Vorstand der Schering AG sprach sich einstimmig dafür aus, das Übernahmeangebot des Leverkusener Konkurrenten Bayer anzunehmen. Vorstandschef Hubertus Erlen nannte am Freitag (24.3.2006) vor Journalisten den von Bayer offerierten Preis von 86 Euro je Aktie und die Gesamtsumme von 16,3 Milliarden Euro ein "äußerst attraktives Angebot". Nach der ersten Offerte des Darmstädter Pharmaunternehmens Merck von 14,6 Milliarden Euro habe Schering deutlich gemacht, "dass wir gerne eigenständig bleiben wollen", sagte der Vorstandschef. Angesichts des guten Angebots von Bayer aber sei dies unmöglich. Beide Unternehmen wollten ein spezialisiertes Unternehmen mit gemeinsamer strategischer Ausrichtung schaffen. Merck erklärte daraufhin, es werde die geplante Übernahme nicht weiter verfolgen.

Allianz-Konzern hält sich bedeckt

Der Münchener Finanzkonzern Allianz ließ derweil offen, ob er die höhere Offerte des Bayer-Konzerns für das Berliner Pharmaunternehmen Schering annehmen wird. Eine Allianz-Sprecherin verwies am Freitag auf frühere Aussagen von Finanzvorstand Paul Achleitner, wonach sich das Münchener Unternehmen bei seiner Beteiligung an Schering wie ein normaler Finanzinvestor verhalten wird. Mit der Aussage vor gut einer Woche hatte Achleitner gleichzeitig aber auch deutlich gemacht, dass die Allianz in der Schering-Beteiligung keine strategische Bedeutung sieht und generell zum Verkauf bereit ist. Die Allianz ist mit 11,4 Prozent größter Schering-Aktionär. Ihr kommt damit eine Schlüsselrolle bei der Offerte von Bayer zu.

Den Umsatz des neuen Pharma-Riesens bezifferte Erlen auf rund neun Milliarden Euro. Besonderer Erfolg der Verhandlungen sei, dass dessen Sitz in Berlin sein wird. Die Hauptstadt werde für das neue Unternehmen, das gemeinsam von Führungskräften von Schering und Bayer geleitet werden solle, auch ein wichtiges Forschungszentrum sein. Erlen sagte auf die Frage, ob er nachgebesserte Angebote von Merck oder anderen Firmen erwarte, er wolle darüber nicht spekulieren. "Wir müssen Angebote beurteilen, die auf dem Tisch liegen." Er habe konkrete Zahlen des Angebots der Leverkusener am Mittwochvormittag bekommen. Das erste Gespräch habe am 13. März stattgefunden, als die Merck-Offerte gekommen sei.

6000 Arbeitsplätze fallen weg

Zu möglichen Auswirkungen auf die Arbeitsplätze erklärte Erlen: "Ich kenne keine konkreten Zahlen." Indessen rechnet Bayer durch die Übernahme mit dem Wegfall von 6000 Arbeitsplätzen weltweit. Wie viele Jobs in Deutschland betroffen sind, wollte Konzernchef Werner Wenning am Freitag nicht sagen. Die Arbeitsplätze sollen nach seinen Angaben in den nächsten sechs Jahren gestrichen werden. Damit fällt nach Wennings Angaben in dem neuen Konzern aus der Bayer-Sparte Health Care und Schering jede zehnte der insgesamt 60.000 Stellen weltweit weg.

Nach dem einstimmigen Votum des Schering-Vorstands werde jetzt zügig eine Aufsichtsratssitzung einberufen. Er sei optimistisch, dass das Kontrollgremium die Einschätzung des Vorstands teile, erklärte der Vorstandschef. Auch der Betriebsrat werde sein Votum zu der Übernahme abgeben. Auf die Frage, wie der Kauf finanziert werden solle, sagte Erlen: "Mir sind keine Verkaufsabsichten von Bayer für Teile des Geschäfts bekannt."

"Synergiepotenzial von 700 Millionen Euro"

Bayer-Vorstandschef Werner Wenning hatte sich in einer Pressemitteilung überzeugt gezeigt, dass mit der Kombination beider Unternehmen ein "Health-Care-Schwergewicht von internationalem Rang" geschaffen werde. Der Zusammenschluss sei die beste Lösung, um dem Pharma-Standort Deutschland wieder mehr Geltung zu verschaffen. Bayer sehe zudem "erhebliches Synergiepotenzial von rund 700 Millionen Euro jährlich". Dem stünden einmalige Kosten in Folge des Schering-Kaufs von rund einer Milliarde Euro gegenüber. Bis Mitte April 2006 will Bayer ein detailliertes Angebot veröffentlichen. Die Offerte steht Wenning zufolge unter dem Vorbehalt einer Mindest-Annahmequote von 75 Prozent des Schering-Grundkapitals. Das Darmstädter Unternehmen Merck hat vor mehr als einer Woche 77 Euro pro Schering-Aktie und somit einen Gesamtpreis von 14,6 Milliarden Euro geboten. (stu)