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Schatten auf Scharon

Michael Knigge9. Januar 2003

Der Sieger war eigentlich schon ausgemacht: Drei Wochen vor der Parlamentswahl in Israel deuteten Umfragen auf einen klaren Sieg für Premier Scharon. Doch nun gefährden Korruptionsvorwürfe den sicher geglaubten Erfolg.

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Gefährden Korruptionsvorwürfe den Wahlerfolg?Bild: AP

Die Nachricht kam für Israels Premier zur Unzeit. Mitten in den Auftakt zur heißen Wahlkampfphase in Rundfunk und Fernsehen platzte die Zeitung "Haaretz" mit der Meldung, die Polizei ermittle gegen Premierminister Ariel Scharon. Die Untersuchungen drehen sich dem Blatt zufolge um eine Zahlung von 1,5 Millionen Dollar, die Scharon von einem südafrikanischen Geschäftsmann erhalten haben soll. Das Geld soll Presseberichten zufolge zur Rückzahlung eines Darlehens dienen, mit dem eine Schein-Firma den Wahlkampf Scharons 1999 illegal mitfinanziert haben soll.

Inzwischen bestätigten Staatsanwaltschaft und Polizei, dass gegen Scharon ermittelt wird. Im Falle einer Anklage, müsste der Premierminister zurücktreten. Er selbst wies die Vorwürfe zurück und bezeichnete sie als Rufmord. Unterdessen forderte Amnon Mitzna, Scharons Gegenkandidat von der Arbeitspartei, den Rücktritt des Premierministers.

Opposition im Glashaus

Doch soweit wird es nach Ansicht von Experten vorerst nicht kommen. "Die Opposition muss das Thema natürlich hochziehen, aber sie müssen gleichzeitig auch vorsichtig sein, dass es nicht auf sie zurückfällt. Schließlich gab es bei der Wahl 1999 auch einen Finanzskandal um ihren Kandidaten Ehud Barak", erläutert Nahost-Expertin Angelika Timm von der Bar-Ilan-University in Israel.

"Aus Sicht der Arbeitspartei ist der Versuch, den möglichen Finanzskandal zu thematisieren, um die Populariät von Premierminister Scharon anzugreifen, die einzig richtige Strategie", betont auch Dietmar Herz im Gespräch mit DW-WORLD. Der Politikwissenschaftler an der Universität Erfurt führt weiter aus: "Denn im Gegensatz zu unserem Parteienspektrum gilt der Likud in Israel als Partei der kleinen Leute, während die Arbeitspartei als die Partei des Business und des Establishments gilt."

"Likud erneut stärkste Partei"

Aufgehen wird die Strategie der Arbeitspartei nach Einschätzung von Herz jedoch voraussichtlich nicht. Natürlich werde das Ansehen des Likud, bei dem es schon früher Skandale gab, und die Popularität Scharons etwas leiden. "Ich glaube aber, dass der Likud trotz allem als stärkste Partei aus den Wahlen hervorgehen wird", prognostiziert Herz. Schließlich ginge es bei den Wahlen am 28. Januar um die Zusammensetzung der Knesset. Dabei stimmten die Bürger in erster Linie über Parteien ab, und nicht direkt über den Premierminister.

Für einen erneuten Wahlsieg Scharons spreche auch die Auswahl seines Gegenkandidaten von der Arbeitspartei, erläutert Herz. "Ich persönlich halte Mitzna für einen sehr attraktiven Kandidaten, aber es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis er in der israelischen Öffentlichkeit an Popularität gewinnt."

Vorbelasteter Rivale

"Auch von seinem größten innerparteilichen Rivalen, dem früheren Premierminister Benjamin Netanjahu, braucht Scharon nichts zu befürchten", meint Herz. "Durch Netanjahu wird Scharon nicht zu sehr unter Druck geraten, da der selbst von früheren Skandalen belastet ist."

Die Experten-Einschätzung, Scharons Glaubwürdigkeit sei angeschlagen, aber seine Siegeschancen weiterhin gut, scheint auch eine aktuelle Umfrage in Israel zu bestätigen. Demnach halten trotz der Korruptionsvorwürfe gerade einmal 31 Prozent Ariel Scharon für unwürdig, das Amt des Premierministers bekleiden. 46 Prozent der Bevölkerung sind dagegen der Ansicht, dass die Vorwürfe ihn als Premierminister nicht disqualifizieren.