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Ungarischer EU-Ratsvorsitz

3. Januar 2011

Kritik am neuen ungarischen Mediengesetz und an Sondersteuern für Großunternehmen überschatten den Start der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft. Regierungschef Orban fühlt sich missverstanden.

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Ungarns Ministerräsident Viktor Orban und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso
Eingetrübtes Verhältnis: Viktor Orban (r.) und José Manuel BarrosoBild: AP

Zeitgleich mit der Übernahme der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft zum Jahresbeginn ist auch das neue Mediengesetz des Landes in Kraft getreten - und hat einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Eine neue Medienbehörde kontrolliert jetzt private Fernseh- und Hörfunksendungen, Zeitungen und Internetportale. Alle Mitglieder der Behörde sind von der regierenden Fidesz-Partei entsandt. Zahlreiche europäische Zeitungen sprechen von einem Angriff, sogar von einem Aushebeln der Pressefreiheit. Auch mehrere EU-Regierungen haben Ungarn offen kritisiert. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Amt in Berlin, erwartet, dass Ungarn das Gesetz überarbeitet. Sozialdemokraten und Liberale im Europaparlament regten sogar an, Ungarn die Ratspräsidentschaft zu entziehen, wenn es bei dem Gesetz in seiner jetzigen Form bleibe.

Verstößt Ungarn gegen EU-Recht?

EU-Medienkommissarin Neelie Kroes (Foto: AP)
EU-Kommissarin Kroes bittet Ungarn um weitere AuskünfteBild: AP

Die Europäische Kommission hat zumindest "Zweifel" an der Rechtmäßigkeit des neuen Gesetzes angemeldet. Die zuständige Kommissarin Neelie Kroes habe "in drei Punkten Bedenken. Dabei geht es um das Gesetz an sich, die Anwendung des EU-Rechts und die Frage, ob der neue Medienrat unabhängig handeln kann, vor allem wegen seiner Zusammensetzung", so Kommissionssprecher Michele Cercone in Brüssel am Montag (03.01.2011). Die Kommission wartet jetzt auf eine detaillierte Stellungnahme aus Budapest. Sollte die EU-Kommission zu dem Schluss kommen, dass Ungarn gegen EU-Recht verstößt, kann sie rechtliche Schritte einleiten. Bei einem solchen Strafverfahren kann der Europäische Gerichtshof am Ende hohe Geldstrafen verhängen.

Diskriminierung ausländischer Konzerne?

Großen Unmut hat sich die ungarische Regierung auch wegen Sondersteuern für Großkonzerne zugezogen. Damit will sie einen Beitrag zur Sanierung des schwer belasteten Haushalts leisten. Mehrere Konzerne, darunter die Deutsche Telekom, die französische Versicherungsgruppe AXA und das österreichische Energieunternehmen OMV, haben sich bei der ungarischen Regierung beschwert. Sie glauben, die Steuer solle vor allem ausländische Unternehmen treffen. Eine gezielte Diskriminierung wäre in der Tat kaum mit dem europäischen Wettbewerbsrecht vereinbar. Die Kommission geht der Sache bereits seit einigen Wochen nach, betont aber, es fehlten noch wichtige Einzelheiten. Keinesfalls gehe es bereits um ein Vertragsverletzungsverfahren.

Orban fühlt sich missverstanden

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat die Kritik am Mediengesetz zurückgewiesen. Sie beruhe auf "Missverständnissen", die sich im Laufe der Ratspräsidentschaft aufklären würden. Im übrigen pries er Ungarn gerade in einer schwierigen wirtschaftlichen und finanzpolitischen Zeit als Vorteil für die EU. "Die Ungarn sind ein erprobtes und bewährtes Volk, das viele Krisen meistern konnte, weshalb ich sagen kann, dass es eine gute Sache für Europa ist, in diesen Zeiten einen ungarischen Vorsitz zu haben", so der Premier.

Autor: Christoph Hasselbach

Redaktion: Gero Rueter