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Schöne neue Lesewelt

8. Oktober 2009

Ein Mausklick und jedes Buch erscheint im Netz. Davon träumt Google. Die Suchmaschine hat schon 20 Millionen Bücher aus US-Bibliotheken eingescannt. Jetzt soll der europäische Buchmarkt folgen. Die Verlage protestieren.

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Buch wird eingescannt (Foto: AP)
20 Millionen Bücher hat Google schon digitalisiertBild: AP

Lesen, ohne dafür einen Cent zu zahlen. Und zwar ganze Bücher. Das war bislang nur in der Bibiliothek vor Ort möglich. Doch da gibt es immerhin noch die Ausleihgebühr und die Pflicht zur Rückgabe des Buches. Der Traum aller Leseratten soll nun im Internet Wirklichkeit werden. Die Suchmaschine Google verspricht ihren Nutzern schon heute das kostenlose Downloaden von zwanzig Millionen Büchern aus US-Bibliotheken.

Gegen das drohende Google-Monopol im Internet haben amerikanische Autoren- und Verlegerverbände nicht nur protestiert, sie sind sogar vor Gericht gezogen. Schon seit drei Jahren wird hinter verschlossenen Türen verhandelt, denn die Verbände haben eine Sammelklage eingereicht. Zuletzt sollte Google 125 Millionen Dollar für die Urheberrechte der Bücher zahlen, 60 Euro je Buch. Der Ausgang des Prozesses ist noch offen.

Profitgier statt Kulturgut

Buch wird eingescannt (Foto: AP)
Europäische Verleger wollen Googles Scanner stoppenBild: AP

Auch europäische Verlage und Autoren laufen Sturm gegen das Google-Projekt. "Die Gefahr ist, dass sich Google durch einen Zugriff auf viele Millionen Bücher in einem sich gerade entwickelnden Markt für elektronische Medien im Internet eine Ausgangsstellung verschafft, an der niemand mehr vorbeikommt", kritisiert Christian Spang vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Mit seinem ehrgeizigen Projekt verfolge Google keine kulturellen Ziele, sondern wolle einfach nur Profit machen, erklärt der Justitiar. "Man kommerzialisiert die ganzen Bestände in der Hand eines privaten Unternehmens."

Gegen eine Digitalisierung freilich hat der Börsenverein nichts einzuwenden. Doch müssten die Rahmenbedingungen geklärt werden, damit unabhängige Verlage und Buchhandlungen den Internetmarkt für sich erobern könnten, fordert Sprang. "Dafür kämpfen wir." Unterstützt wird der Börsenverein dabei vom Verband der Schriftsteller VS, von einigen europäischen Regierungen sowie von der VG Wort, der Verwertungsgesellschaft, die die Erlöse von allen möglichen Arten des Kopierens prozentual an die Autoren, also die Urheber, weiterreicht. Der "Heidelberger Appell", den bisher mehr als 2600 namhafte deutsche Autoren unterschrieben haben, wendet sich ebenfalls gegen einen möglichen Missbrauch durch Google.

Kooperation mit Bertelsmann

Anders dagegen reagiert der Bertelsmann-Konzern. Seine Tochter "Random House" hat kürzlich eine Vereinbarung mit Google getroffen. Danach darf der Internetkonzern künftig englischsprachige Publikationen des Literaturriesen in seiner Buch-Suchmaschine "Google Book Search" einspeisen, die Volltext-Suchergebnisse aus digitalisierten Büchern liefert. Dies bedeutet nach Ansicht von Literaturexperten einen Dammbruch.

Schließlich ist "Random House" die größte Publikumsverlagsgruppe weltweit. Würde die Kooperation auf Deutschland ausgedehnt, bedeutete dies, dass Google unter anderem Bücher der Verlage Heyne, Blanvalet, Goldmann oder btb scannen lassen dürfte. Ein maßgeblicher Teil der deutschsprachigen Unterhaltungsliteratur wäre dann in kalifornischer Hand.

Autor: Ruthard Stäblein

Redaktion: Sabine Damaschke