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Saudi-Arabien, Iran und der Ölpreis

Andreas Rostek (dpa, afp – Archiv)4. Januar 2016

Drohen die Probleme im Lande zur Krise zu werden, wende man sich gegen einen Feind: Auch die Saudis dürften diese Maxime kennen. Und die Probleme, auf die das Land zusteuert, sind gewaltig - aufgrund sinkender Ölpreise.

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Symbolbild Saudi Arabien Finanzmarkt Ölfelder Öl
Bild: picture-alliance/dpa

Mehr als achtzig Prozent der Staatseinnahmen des despotisch regierten Saudi-Arabien kommen vom Öl. Da der Ölpreis aber seit Mitte 2014 um mehr als 60 Prozent gesunken ist, rutschte der Staatshaushalt Saudi-Arabiens tief in die roten Zahlen. Das Minus für das vergangene Jahr, so das Finanzministerium in Riad, dürfte bei fast 90 Milliarden Euro liegen.

Es ist nicht das erste Jahr mit einem Minus - und wird kaum das letzte sein. In fünf Jahren sind die Reserven des Landes aufgezehrt, wenn nichts passiert, warnt der Internationale Währungsfonds (IWF). Dessen Chefin Christine Lagarde sagte unlängst, der Ölpreisrutsch mache Reformen unausweichlich. "Das Wachstum muss jetzt stärker aus der Privatwirtschaft kommen und weniger aus dem Staatssektor", so ihre Forderung.

Hohe Kosten des Machterhalts

Der Anteil der Staatsausgaben am saudischen Bruttoinlandsprodukt für das vergangene Jahr dürfte nach Berechnungen des IWF bei mehr als 50 Prozent liegen. Im Vorjahr waren es noch 40,8 Prozent. Hintergrund ist, dass die Öleinnahmen weiter sinken, die Kosten für den saudischen Wohlfahrtsstaat aber steigen.

Rund zehn Prozent aller Saudis arbeiten als Staatsbedienstete und die Gehälter gelten als hoch. Mit kräftigen Subventionen für Wasser, Strom und Benzin sorgte das Regime bisher für Zustimmung in der Bevölkerung. Aber allein das Stützen der Energiepreise frisst jährlich fast ein Achtel des Bruttoinlandproduktes (BIP). Daher fordert der IWF einen Abbau der Subventionen.

In der Tat beschloss die Regierung in Riad wenige Tage vor den Massenhinrichtungen Anfang dieses Jahres erste Einschnitte. Manche Benzinpreise werden um mehr als 50 Prozent angehoben. Auch die Einführung einer Mehrwertsteuer ist in der Diskussion.

Auch deutsche Unternehmen sind betroffen

Leidtragende des neuen Kurses könnten auch ausländische Unternehmen sein, die am Ausbau des Landes bisher gut verdienten. Allein die neue Metro, die unter der Hauptstadt Riad gebaut wird, soll mehr als 18 Milliarden Euro kosten. Mit dabei ist der deutsche Mittelständler Herrenknecht, dessen riesige Bohrer beim Tunnelbau gebraucht werden. Im Zuge der Sparmaßnahmen sollen nun aber auch die Ausgaben für die Groß-Bauten gestreckt werden. Medien berichten, manche Zahlung würden schon seit sechs Monaten ausstehen und einzelne Projekte würden neu verhandelt.

Die deutsche Wirtschaft insgesamt ist allerdings nicht übermäßig stark im Land engagiert. "Von allen deutschen Ausfuhren machen Lieferungen nach Saudi-Arabien gerade mal 0,8 Prozent aus" sagte Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, unlängst der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Im Jahr 2014 lag das Volumen demnach bei rund neun Milliarden Euro.

Ölpreis als Waffe

Um seinen Staatshaushalt auszugleichen, braucht Saudi-Arabien nach Berechnungen des IWF einen Ölpreis von mindestens 82 Dollar pro Fass. Tatsächlich dümpelt der Ölpreis aber bei rund 40 Dollar herum.

Mitverantwortlich dafür sind allerdings die saudischen Herrscher selbst. "Saudi-Arabien setzt den Ölpreis als Waffe ein", meint Patrick Artus von der französischen Bank Natixis. Sein Gegner ist der Iran, mit dem sich Riad in einen zunehmend blutigen Konflikt um die regionale Vorherrschaft verbissen hat. Nach dem Ende der Sanktionen gegen Teheran spitzt sich der Konflikt zwischen Saudi-Arabien und Iran nun auch an den Verhandlungstischen des Ölkartells OPEC zu.

Wien OPEC Treffen Emmanuel Ibe Kachikwu
Kampfplatz Opec - beim letzten Treffen in WienBild: Reuters/H. Bader

Konflikt in der OPEC

Die mächtigen Saudis weigern sich nämlich seit langem und bisher hartnäckig, die Fördermengen des Kartells zu senken - trotz des immer weiter sinkenden Ölpreises. Ihr Kalkül: Durch niedrige Preise ließen sich die neuen Öl-Produzenten aus den USA in die Knie zwingen. Deren teure Fracking-Technik lohnt sich bei allzu niedrigen Preisen nicht mehr. Bisher ist das Kalkül nicht aufgegangegen, unter den niedrigen Öl-Preisen leiden aber alle Förderländer. Auch deshalb fordert Iran innerhalb der OPEC vehement, die Förderung zu drosseln. Bisher ohne Erfolg.

Iran strebt nach dem Ende der Sanktionen wieder seine alte Machtposition in der OPEC an. Damals, vor den Sanktionen, lag die iranische Ölförderung bei bis zu vier Millionen Fass täglich, jetzt wären schon 800.000 Fass ein ordentlicher Zuwachs. Aber jedes mehr geförderte Öl setzt den Ölpreis weiter unter Druck, wenn die anderen Produzenten nicht weniger Ware auf den Markt bringen. Das Schwergewicht in der OPEC aber ist Saudi-Arabien. Die Herrscher in Riad haben zwar keinerlei Interesse, dem Druck Irans nachzugeben, aber der niedrige Ölpreis bringt eben auch ihnen selbst immer größere Probleme. So droht der Regionalkonflikt zwischen Riad und Teheran die gesamte OPEC zu destabilisieren.