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Sarkozy und "seine" Republik

Kersten Knipp15. Mai 2015

Der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy will seiner Partei einen neuen Namen geben. Geht es nach ihm soll sie statt UMP künftig "Les Républicains", "Die Republikaner" heißen. Dagegen formt sich Widerstand.

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Nicolas Sarkozy (Foto: AFP)
Bild: Getty Images/Afp/K.C. Magnenet

Seit einem halben Jahr ist der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy zurück auf der politischen Bühne. Vorerst nur als Vorsitzender seiner Partei, der UMP ("Union pour un Mouvement Populaire", "Union für eine Volksbewegung"). Doch immer stärker bringt er sich als deren Kandidat für die Präsidentschaftswahlen 2017 ins Spiel - auch wenn er seine Bewerbung offiziell noch nicht verkündet hat. Derzeit rechnet man ihm Chancen aus, das höchste Staatsamt nach der Niederlage gegen den Sozialisten Francois Hollande 2012, noch einmal zu bekleiden. Denn die Erfolge der UMP bei den Departementswahlen Ende März dieses Jahres werden parteiintern vor allem ihm zugeschrieben.

Doch noch vor seiner möglichen Bewerbung strebt Sarkozy etwas anderes an: Er will den Namen seiner Partei ändern. Aus der "Union für eine Volksbewegung" soll nun "Die Republikaner" werden. Sarkozy selbst erklärt, er wolle sich durch den Namenswechsel vor allem für eine Erneuerung des republikanischen Gedankens stark machen. Dabei geht es ihm vor allem um die Assimilation der Migranten in Frankreich.

Marine Le Pen, die Chefin des Front National, 29.03.2015 (Foto: AFP)
Herausforderin für Sarkozy: FN-Chefin Marine Le PenBild: Getty Images/Afp/Miguel Medina

Kritiker hingegen vermuten, er verfolge andere Ziele. So wolle er durch den neuen Namen einen im vorigen Jahr aufgedeckten Skandal um illegale Wahlkampfspenden vergessen machen. Dieser hatte die damalige Führungsspitze zum Rücktritt gezwungen.

Vor allem aber bewege sich Sarkozy ideologisch einen kleinen Schritt in Richtung des rechtsextremen "Front National" (FN). Die Zeitung "Libération" veröffentlichte kürzlich einen Offenen Brief, in dem französische Intellektuelle und Wissenschaftler Sarkozy vorwerfen, den Begriff der Republik seinen eigenen Vorstellungen anzupassen. Es sei ihm nicht verborgen geblieben, dass auch der Front National immer häufiger den Begriff der Republik gebrauche. Dies täte der FN allerdings in einer Weise, die auf Ausgrenzung abziele. Das komme bei den Wählern des FN gut an. "Nun setzt auch Sarkozy auf diese ebenso unehrliche wie potentiell erfolgreiche Strategie", heißt es in dem Offenen Brief.

Der FN hat sich für die UMP in den vergangenen Jahren als zunehmend gefährlicher Herausforderer erwiesen. Mit dem neuen Namen und der damit verbundenen politischen Neuausrichtung, so geben die Autoren zu verstehen, wolle Sarkozy dem FN nun verlorene Wählerstimmen wieder abjagen.

Vereinnahmung republikanischer Ideale

Statt "UMP" nun also "Les Républicains": Der Name nimmt unmittelbar Bezug auf den Kern des französischen Selbstverständnisses, nämlich auf die Staatsform der Republik. Diese hatte sich das Land kurz nach der Revolution von 1789 gegeben -und zwar in scharfer Abgrenzung zur absoluten Monarchie, die die Franzosen kurz zuvor vom Sockel gestoßen hatten.

Der Solidaritätsmarsch für die Opfer der dschihaidstischen Anschläge in Paris, 11.01.2014 (Foto: Reuters)
Geste der Republik: Der Solidaritätsmarsch vom 11. JanuarBild: REUTERS/Charles Platiau

"Les Républicains": Viele Kritiker stoßen sich an dem bestimmten Artikel. Er habe ausschließenden Charakter, heißt es im heutigen Leitartikel von "Le Monde". Denn er unterstelle allen, die der Partei nicht angehörten - also der überwiegenden Mehrheit der Franzosen -, die Ideale der Republik nicht zu teilen. In anderen Worten: Von dem Leitsatz "Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" hätten sich mit Ausnahme der "Republikaner" alle Franzosen verabschiedet. Der Name sei eine "unwürdige Vereinnahmung des Erbes", schrieb der französische Historiker Jean-Noël Jeanneney bereits Mitte April.

Durch den Erfolg des FN lässt sich offenbar auch Sarkozy zu immer engeren Vorstellungen der Republik hinreißen. "Die Demokratie kann sich mit der Integration begnügen, die Republik nicht", erklärte er 2014. "Die Republik akzeptiert keine Minderheiten. Sie fordert die Assimilation. Im Gegenzug bietet sie eine gemeinsame Kultur und Geschichte."

Anbiederung an den Geist der Zeit

Mit solchen Worten, schreibt die Tageszeitung "Le Monde" in ihrem heutigen Leitartikel, nähere sich Sarkozy dem düsteren Geist der Zeit an. Nach ihm richte er auch sein Verständnis der Republik aus. "Diese Republik ist verschlossen, unnachgiebig und düster."

Die Spitze der UMP zeigt sich bislang wenig beeindruckt. Sie hält ihren Gegnern politischen Kleinmut vor. Die Linke würde es nicht mehr wagen, von "Frankreich" zu sprechen, heißt es auf der Homepage der UMP. Republikaner zu sein, heißt vor allem, von den Einwanderern zu verlangen, sich die Werte der Republik zu eigen zu machen - "ohne Einschränkung und ausnahmslos".

Die Parteibasis, so die allgemeine Einschätzung, wird mehrheitlich dafür sein, dass aus der UMP Ende Mai "Les Républicains" werden. Welche Art von Republik die Franzosen sich wünschen, wird sich spätestens bei den Regionalwahlen im Dezember zeigen.