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Sarkozy: Europa hat mich verändert

Christoph Hasselbach16. Dezember 2008

In der französischen Ratspräsidentschaft gab es einen Präsidenten, an dem sich die Geister scheiden, und zwei schwere Krisen. Dennoch zieht Nicolas Sarkozy kurz vor Ende der EU-Ratspräsidentschaft eine positive Bilanz.

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Frankreichs Präsident Sarkozy am Rednerpult in Straßburg (16.12.2008/dpa)
Sarkozy hat vor dem Europaparlament eine positive Bilanz gezogenBild: picture-alliance/ dpa

Der Krieg zwischen Georgien und Russland und die Finanz- und Wirtschaftskrise haben der Präsidentschaft einiges abverlangt. Nicolas Sarkozy lieferte unter anderem eine historische Begründung aus den Balkankriegen der 90er-Jahre dafür, warum er im Kaukasuskonflikt sofort zu vermitteln versuchte. Im Konflikt in Bosnien hätten die Vereinigten Staaten die Verantwortung übernommen und Europa sei gefolgt, sagte er vor dem Europaparlament in Straßburg. „Diese Präsidentschaft ist von der Idee beherrscht, dass Europa die Verantwortung übernimmt.“

Diese Haltung passt zum französischen Selbstverständnis, sich von den USA zu emanzipieren. Und Sarkozy überträgt sie auch auf andere Weltgegenden, in denen US-Präsident George Bush bisher gescheitert ist. „Wenn Europa nicht seine Rolle bei einer Friedenssuche im Nahen Osten übernimmt, wird uns niemand diese Rolle abnehmen“, erklärte er.

Lob für das gemeinsame Vorgehen in der Finanzkrise

EU-Flagge vor dem Europäischen Ratsgebäude (22.3.2005/AP)
Eine gute Bilanz für EuropaBild: AP

Doch der wichtigste Test für die Präsidentschaft war und ist zweifellos die Finanzkrise, die sehr schnell in eine umfassende Wirtschaftskrise mündete. Sarkozy lobte alle Beteiligten für ihr gemeinsames Vorgehen. „Wenn die Staaten Europas, die Kommission, die europäischen Institutionen damals nicht die Verantwortung übernommen hätten, dann hätten wir den Zusammenbruch mehrerer Mitgliedsstaaten, die Zerstörung des europäischen Finanzsystems erlebt.“

Sarkozy verteidigte Ergebnisse wie das EU-Klimapaket als Kompromiss, der verschiedene Interessen habe ausgleichen müssen - mehr sei bei einer Union mit 27 Mitgliedsstaaten nicht möglich gewesen. „Ich habe versucht, Europa zu verändern, aber Europa hat mich verändert“, sagte Sarkozy am Ende seiner Rede.

Der verzögerte Applaus zeigt offenbar, dass viele Abgeordnete ihm solche fast demütigen Worte gar nicht zugetraut hatten und überrascht waren.

Gute Bilanz für Europa

Der SPD-Europapolitiker Martin Schulz (28.04.2008/dpa )
Lob von Martin Schulz für Sarkozy für die EU-RatspräsidentschaftBild: picture-alliance/ dpa

Die Reaktion aus dem Parlament fiel überwiegend positiv aus, selbst von parteipolitisch unerwarteter Seite. Martin Schulz, Vorsitzender der Sozialistischen Fraktion, war beispielsweise positiv überrascht, dass sich Sarkozy als „Proeuropäer geoutet“ habe. „Es ging insgesamt um Europa, und da ist die Bilanz gut“, sagte er.

Daniel Cohn-Bendit von den Grünen dagegen übte Kritik am Ratspräsidenten. Ihm ging nicht nur der Klima-Kompromiss nicht weit genug. Sarkozy habe die Europäische Kommission für sich eingespannt, sagte er. „Sie haben die Kommission auf die Rolle eines Sekretariats des Europäischen Rates reduziert, die Kommission des Herrn Barroso hat dazu gedient, zu nichts anderem.“

Sarkozy reagierte auf solche Redebeiträge ruhig, souverän und oft witzig. Die Ratspräsidentschaft habe ihn toleranter gemacht, hatte er zuvor bekannt. Vielleicht gilt das auch gegenüber solchen Angriffen.