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Sarah Palin - ein Porträt

2. September 2008

Der republikanische US-Präsidentschaftskandidat John McCain hat sie als Überraschungscoup präsentiert: Die 44 Jahre alte Sarah Palin soll Wählerinnen von den Demokraten abziehen.

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Der republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain präsentiert Sarah Palin am 29. August 2008 (Foto:AP)
Der republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain präsentiert Sarah Palin am 29. August 2008Bild: AP

Palin ist der Inbegriff des politischen Außenseiters. So unbekannt ist sie in Washington, dass die Moderatoren des Senders CNN nach ihrer Ernennung vor laufender Kamera diskutierten, wie eigentlich ihr Nachname auszusprechen sei - mit Betonung auf der ersten Silbe, fanden sie heraus. Weniger schnell war geklärt, für welche Politik Palin steht. Erst im vorvergangenes Jahr wurde sie Gouverneurin von Alaska, zuvor war sie Bürgermeisterin der Kleinstadt Wasilla. In Washington hat sie sich kaum hervorgetan. Gerade in der Außen- und Sicherheitspolitik, die für viele Wähler wichtig ist, hat sie kein eigenes Profil.

Reformerin und Kämpferin gegen Korruption

1964 im US-Bundesstaat Idaho geboren, zog ihre Familie nach Alaska, als Sarah Palin noch ein Kleinkind war. Sie studierte Journalismus und Politikwissenschaften. In ihrer Heimatstadt Wasilla wurde Palin Bürgermeisterin, dann übernahm sie den Posten als Ethikbeauftragte von Alaskas Öl- und Gaskommission, die die Ausbeutung der Bodenschätze verwaltet. In dieser Position genießt sie einen Ruf als Reformerin und entschiedene Kämpferin gegen Korruption in ihrem Heimatstaat, der seit Jahren durch Filzskandale von Ölkonzernen und republikanischen Politikern erschüttert wird.

Sarah Palin in jungen Jahren in Alaska (Foto:AP)
Sarah Palin in jungen Jahren in AlaskaBild: AP

Höchst beliebt in Alaska

Die Mutter von fünf Kindern gilt als stramm konservativ, ist entschiedene Abtreibungsgegnerin und auf Lebenszeit Mitglied der Waffenlobby NRA, was bei der republikanischen Basis gut ankommt. Wie McCain predigt sie Haushaltsdisziplin, als Gouverneurin des rohstoffreichen Alaska ist sie Expertin in Energiefragen. Als zupackend gilt Sarah Palin auch: Ihren Spitznamen "Sarah Barracuda", den sie wegen ihrer aggressiven Spielweise im Basketball-Team an der Highschool bekam, benutzen politische Gegner noch heute. Sie geht in der Wildnis ihres Bundesstaates jagen - auch Elche -, sie fischt und läuft Langstrecken-Rennen. Mitte der 80er Jahre gewann Palin einen Schönheitswettbewerb. Eine Mischung, die sie bei den Menschen im rauen Alaska höchst beliebt macht: Palin kommt auf Popularitätswerte von rund 80 Prozent.

Sarah Palin 1984 bei einem Schönheitswettbewerb in Wasilla, Alaska (Foto:AP)
Sarah Palin 1984 bei einem Schönheitswettbewerb in Wasilla, AlaskaBild: AP

Überraschungscoup mit Hintergedanken

Der Republikaner John McCain benannte Palin nun zu seiner Kandidatin für die Vizepräsidentschaft, die Nummer zwei der USA. Es war ein Überraschungscoup mit Hintergedanken: McCain dürfte mit der Benennung einer Frau auf enttäuschte Anhängerinnen von Hillary Clinton bei den Demokraten abzielen. In der nationalen und internationalen Politik hat Palin aber kaum Erfahrung, was den Demokraten viel Angriffsfläche bieten dürfte.In der ersten Erklärung zu Palin versuchte McCains Büro umgehend, die erwartete Kritik zu kontern: "Gouverneurin Palin ist eine zähe Regierungschefin, die in ihrer Amtszeit gezeigt hat, dass sie bereit wäre, Präsidentin zu sein." Ob Palins überraschende Benennung ein kluger Schachzug von McCain war, wird sich daran messen lassen, ob sie die Zweifel an ihrer Eignung fürs Präsidentenamt wird ausräumen können. Denn die Hauptaufgabe des Vizepräsidenten ist es, bei Ausfall des Präsidenten sofort das höchste Staatsamt zu übernehmen. Bei McCain kommt dieser Regelung besondere Bedeutung zu: Am Freitag wurde er 72 Jahre, vor Jahren litt er an Krebs.

Wirbel um Schwangerschaft der Tochter Palins

Inzwischen hält in den USA der Wirbel um Palin, weiter an. Wie die "New York Times" Anfang Septemer berichtete, gibt es Hinweise, dass ihr persönlicher Hintergrund vermutlich nur in aller Eile überprüft wurde, bevor McCain sie überraschend am 29. August 2008 als seine Kandidatin für das Amt des Vizepräsidenten vorstellte. McCain habe sie erst vier oder fünf Tage vor seiner Ankündigung ernsthaft in Betracht gezogen und dann erst am letzten Tag überprüfen lassen, verlautete nach Angaben der Zeitung aus Kreisen seiner republikanischen Partei. Am Montag war bekanntgeworden, dass die 17-jährige Tochter Palins schwanger ist, was die Familie Palin bestätigte. Die Gouverneurin von Alaska tritt für sexuelle Enthaltung von Teenagern ein und ist strikt gegen Abtreibungen. Nach Angaben der "New York Times" soll die 44-Jährige auch in den 90er Jahren zwei Jahre lang in einer Partei Mitglied gewesen sein, die zeitweise für die Unabhängigkeit Alaskas eintrat. Zudem gebe es Vorwürfe, dass sie ihre Macht als Gouverneurin missbraucht habe, um einen Mitarbeiter zu entlassen. Nach Informationen der Zeitung ist inzwischen ein Team der republikanischen Partei in Alaska, um den Hintergrund Palins genauer unter die Lupe zu nehmen.

Palin und McCain am 29. August 2008 in Dayton, Ohio (Foto: AP)
Palin und McCain am 29. August 2008 in Dayton, OhioBild: AP

Sollte Palin am 4. November mit McCain gegen den Demokraten Barack Obama die Präsidentschaftswahl gewinnen, wäre sie die erste Vizepräsidentin der USA. Überhaupt ist sie erst die zweite Frau, die für diesen Posten für eine der großen US-Parteien kandidiert. Die erste war 1984 die Demokratin Geraldine Ferraro an der Seite Walter Mondales. (hp)