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Der nüchterne Premier

18. Mai 2010

Der palästinensische Premierminister Salam Fajad ist mit fünf seiner Minister nach Berlin gekommen. Die Bundesregierung unterstützt den Kurs von Fajad, der 2011 einen eigenen palästinensischen Staat gründen will.

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Salam Fajad (Foto: ap)
Salam Fajad - Auf ihm ruhen die Hoffnungen des WestensBild: AP

Vermutlich hat PLO-Chef Jassir Arafat damals seinen Schritt, Salam Fajad 2002 zum Finanzminister zu ernennen, bald bereut. Als erste Amtshandlung veröffentlichte Fajad nämlich den gesamten Haushalt im Internet und zeigte damit, dass Arafat allein über immerhin acht Prozent des gesamten Budgets verfügte. Seine Aktion war der Beginn des Kampfes gegen verschwenderisches Geldausgeben, Korruption und Vetternwirtschaft. So schaffte er den Brauch ab, Löhne bar auszuzahlen. Seitdem wird den Angestellten das Gehalt auf ihr Konto überwiesen. Während die Neuerungen in der Bevölkerung auf Kritik stießen, brachten sie dem promovierten Wirtschaftswissenschaftler international Lob und Anerkennung ein. Seitdem ruhen auf ihm die Hoffnungen im Westen, bei der EU und den Vereinigten Staaten.

Erfahrener Finanzprofi

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (re.) und Salam Fajad. (Foto: ap)
Fajad pflegte schon 2008 gute Kontakte nach DeutschlandBild: AP


1952 in einem kleinen Dorf bei Tulkarm im Westjordanland geboren, kam Fajad nach seinem Studium in Austin im US-Bundesstaat Texas 1987 zur Weltbank nach Washington. Danach - von 1995 bis 2001 - arbeitete er in Jerusalem als Vertreter des Internationalen Währungsfonds und überwachte die Finanzreformen der palästinensischen Autonomiebehörde. Schon damals hatte er einen guten Überblick über Arafats Budget.

Politische Ambitionen hatte er zunächst nicht, folgte dann aber 2002 dem Ruf Arafats, als der einen erfahrenen Finanzprofi brauchte.

Noch heute ist Fajad vielen in den alten Führungszirkeln suspekt, weil er kein Mitglied der regierenden Fatah von Präsident Mahmud Abbas ist. Doch beim Volk genießt er mehr und mehr Sympathien, weil er die Lebenssituation der Palästinenser verbessern will. Und bis Mitte 2011 will er die notwendigen Institutionen in Polizei, Justiz und Wirtschaft soweit aufgebaut haben, dass die Palästinenser reif sind für eine Staatsgründung.

Im August 2009 hatte Fajad erstmals für seinen Zwei-Jahres-Plan geworben, der ein eigenständiges Palästina zum Ziel hat. "Wir rufen unsere Leute auf, vereinigt Euch hinter diesem Plan und der Vision der Regierung und setzt ihn in die Wirklichkeit um. Das ist der Weg zu Frieden, der Weg zur Entstehung eines unabhängigen Staates Palästina", sprach er zu seinen Bürgern in einer Regierungserklärung.

Unabhängig und unbestechlich

Bundesanzlerin Angela Merkel und Salam Fajad (Foto: AP)
2008 empfing Kanzlerin Merkel Salam Fajad in BerlinBild: AP

Da er nie eine Parteifunktion inne hatte und lange Zeit außerhalb der Palästinensischen Gebiete lebte, wird Fajad in der Bevölkerung als unabhängig geschätzt: Er war nie Teil des Filzsystems unter Jassir Arafat, an ihm klebt nicht der Verdacht von Korruption.

Vom Typ her ist Fajad das Gegenteil von Arafat: zurückhaltend, introvertiert, kein Mann großer Gesten. Er beschäftigt sich nicht mit dem Kampf gegen Israels Besatzung, sondern mit den Problemen der Menschen: Jeder Palästinenser soll zum Beispiel eine Krankenversicherung und das Recht auf Bildung haben.

Vor allem aber um das künftige wirtschaftliche Wachstum in den eigenen Gebieten ist der nüchterne Ministerpräsident besorgt. Es werde ohne eine Lockerung der Besatzung in Gaza kein wesentliches Wachstum der palästinensischen Wirtschaft geben, stellte Fajad klar. Seine Pläne will er nun auch mit Unterstützung aus Berlin zur Vollendung bringen.

Autor: Arne Lichtenberg
Redaktion: Hartmut Lüning