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Sackgasse Schwangerschaft

Heiner Kiesel30. Oktober 2013

Der Weltbevölkerungsbericht zitiert erschreckende Zahlen: 20.000 Kinder werden weltweit jeden Tag schwanger, 95 Prozent davon in den Entwicklungsländern. Die Folgen für die betroffenen Mädchen sind drastisch.

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Hilfseinrichtung für junge Schwangere im marokkanischen Casablanca (Foto: dpa)
Hilfseinrichtung für junge Schwangere in CasablancaBild: ABDELHAK SENNA/AFP/Getty Images

"Das ist ein mutiger Bericht", betont Renate Bähr, Geschäftsführerin der Stiftung Weltbevölkerung, als sie den Weltbevölkerungsbericht 2013 den Kameras entgegenstreckt. Dieses Jahr stehen Schwangerschaften von Kindern und Teenagern im Mittelpunkt. Jeden Tag entbinden weltweit 5000 Mädchen unter 15 Jahren.

Die Zahlen belegen laut Bähr, dass Kinder- und Frauenrechte besonders in Entwicklungsländern südlich der Sahara missachtet würden. Der Bericht stellt fest, dass dort jedes fünfte Mädchen vor seinem 18. Lebensjahr schwanger wird. Es kommt zu mehr als sieben Millionen Geburten pro Jahr in diesem Alterssegment.

Tabuthema und Massenphänomen

"Dieses Thema wird total tabuisiert", klagt Bähr. Die Nichtregierungsorganisation, der Bähr vorsteht, gibt die deutsche Ausgabe des Weltbevölkerungsberichts zusammen mit dem Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) heraus.

Renate Bähr von der Stiftung Weltbevölkerung (Foto: dpa)
Fordert Sexualaufklärung für 10-´bis 14-Jährige: Renate Bähr von der Stiftung WeltbevölkerungBild: picture-alliance/dpa

UNFPA-Direktor Werner Haug verweist darauf, dass es bei Kinderschwangerschaften häufig zu gravierenden gesundheitlichen Schädigungen komme. 70.000 Mädchen würden jährlich an Komplikationen infolge von Schwangerschaft oder Geburt sterben. Unsichere Abtreibungen, Geburtsfisteln und sexuell übertragene Krankheiten werden als Gründe genannt.

Kinderrechte vernachlässigt

Haug machte bei der Vorstellung des Berichts in Berlin klar, dass eine Teenager- oder Kinderschwangerschaft eine ganze Kette von Menschenrechtsverletzungen widerspiegele: Betroffenen Mädchen sind Bildung und ein eigenständiges Berufsleben verbaut. Und: "Hinter einer Teenagerschwangerschaft stehen ja auch ganz andere Entscheider - Familie, Eltern, der Partner. Da kann von Selbstbestimmung keine Rede sein."

Haug benennt Kinderehen als wichtigen institutionellen Faktor für Teenagerschwangerschaften: In 90 Prozent der Fälle sind die Mädchen verheiratet.

Die Zahl der Mädchen aus Entwicklungsländern, die angaben, unter 15 Jahren ein Kind zur Welt gebracht zu haben, ist in den letzten fünf Jahren um ein Viertel gesunken (jetzt drei statt vier Prozent). Laut den Machern der Studie ist dies "hauptsächlich auf eine Verringerung der sehr früh arrangierten Ehen zurückzuführen". In Ländern wie Bangladesch, Guinea, Mali, Mosambik, Niger und Tschad liegt die Rate noch bei zehn Prozent. In Lateinamerika und der Karibik, so der Bericht, steigt die Zahl der Teenagerschwangerschaften wieder an.

Werner Haug, Mitglied des Exekutivkomitees des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) (Foto: Hannibal/dpa)
UNFPA-Direktor Werner Haug: "Gravierende Gesundheitsschäden"Bild: picture-alliance/dpa

Generell wird zu den Zahlen aber auch angemerkt, dass belastbare Daten über die Schwangerschaften von Kindern zwischen 10 und 14 Jahren in vielen Ländern unzureichend sind oder ganz fehlen.

Probleme in entwickelten Ländern

Der neue Weltbevölkerungsbericht zeigt auch, dass Teenagerschwangerschaften zwar überwiegend, aber nicht nur in Entwicklungsländern ein Problem darstellen. Etwa fünf Prozent der Schwangerschaften von 15- bis 19-Jährigen entfallen auf die Industrieländer - also rund 680.000 Geburten, fast die Hälfte davon in den USA.

Neben ökonomischen Faktoren werden fehlende Sexualaufklärung und traditionelle Geschlechterbilder als Gründe genannt.