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Südostasien: Arsen im Grundwasser

Alexander Freund / Insa Wrede23. Oktober 2003

Eine riesige Umweltkatastrophe: Das Trinkwasser ist so stark mit Arsen vergiftet, dass Millionen Menschen davon zerfressen werden. Besonders prekär ist die Lage in Bangladesh.

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Im Grundwasser tickt eine ZeitbombeBild: Christoph Hasselbach

Es sei die "größte Massenvergiftung der Geschichte", die jedes andere Umweltdesaster, "von Tschernobyl bis Bhopal", bei weitem überbiete, urteilte die Weltgesundheitsorganisation. In ganz Südostasien tickt eine Zeitbombe im Grundwasser: Arsen. Besonders starke Konzentrationen von Arsen gibt es in Vietnam, doch am schlimmsten ist die Lage in Bangladesh, wo laut Weltbank 85 Millionen der insgesamt 125 Millionen Einwohner von diesem Desaster betroffen sein könnten.

Der Grund für das Arsen: In den sauerstoffarmen Böden der Schwemmländer und Flussdeltas gedeihen Bakterien. Durch sie wird das im Sediment ruhende Arsen chemisch umgewandelt und gelangt ins Grundwasser. Die Tragödie begann, als internationale Hilfsorganisationen in den 1960er Jahren Brunnen bohrten, um die Trinkwasserqualität zu verbessern.

Wasser des Teufels

Vorher benutzten die Bevölkerung vor allem Oberflächenwasser, wodurch Typhus, Cholera und ähnliche Krankheiten verbreitet wurden. Trotzdem wollten sie das vermeidlich gesündere Wasser aus den Brunnen nicht trinken. Sie fürchteten alte Legenden, die vor dem "Wasser des Teufels", dem Wasser aus dem Boden warnten. Erst nach mühsamer Überzeugungsarbeit tranken die Menschen das Brunnenwasser.

Zehn Jahre später traten die ersten Anzeichen für Arsen Vergiftungen auf: Bei einigen Betroffenen war die Haut zerfressen – wie bei Leprakranken. Daher wurden viele Kranke zu allem Übel von ihren Dorfgemeinschaften ausgestoßen. Zuerst wird die Haut angegriffen, dann folgen innere Organe wie beispielsweise Lungen, Nieren und Leber. Im schlimmsten Fall führt Arsen zum Tod. Woher die Krankheiten kamen, wussten weder die Bevölkerung noch die internationalen Hilfsorganisationen und so wurden immer mehr Brunnen gegraben. Inzwischen sind in Bangladesch drei Millionen Menschen vergiftet, Zehntausende davon schwer.

Stoff gegen Arsen

Die Lösung des Arsen-Problems ist aufwendig und nicht ganz einfach: In jedem Brunnen muss die Arsenkonzentration gemessen werden. Dann müssen die Brunnen entsprechend gekennzeichnet werden. Wasser aus grün angestrichenen Brunnen darf man trinken, Wasser aus roten nur zum Waschen verwenden.

Mittlerweile bemüht sich die Universität der Vereinten Nationen, den Menschen mit ganz einfachen Mitteln zu helfen. Professor van Ginkel erzählt: "Es gibt neue technische Lösungen, mit denen die Menschen das Wasser sogar im Haushalt filtern können. Das ginge natürlich auch industriell, würde aber teurer sein. Es gibt sogar Überlegungen, das Wasser einfach mit Stoffstücken zu filtern, was bereits jetzt einen großen Teil des Problem behebt, aber vor allem müssen die Menschen wirklich aufgeklärt werden."

Suche nach Geldquellen

Die Hilfe ist um so schwieriger, als dass Bangladesh ein bitterarmes Land mit geringer Infrastruktur und hohem Analphabetismus ist. Zudem wird das Gebiet schon bald zu den am dichtesten besiedelten Regionen gehören. Daher ist die einzige sinnvolle Lösung, neue Brunnen zu graben, denn das mit Arsen vergiftete Wasser kommt nur in geringeren Tiefen vor. Mindestens einhundert Meter tief müsste gebohrt werden. Nur dafür fehlt das Geld.