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Politik

"Türkische Regierung will meine Zeitung"

22. Mai 2017

Es wäre ein Besitzerwechsel der ganz besonderen Art: Der in der Türkei zur Festnahme ausgeschriebene Herausgeber der regierungskritischen Zeitung "Sözcü", Akbay, befürchtet eine Übernahme seines Blattes durch Ankara.

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Der Verleger der türkischen Zeitung "Sözcü", Burak Akbay (Foto: picture-alliance/dpa/C. Hoffmann)
Bild: picture-alliance/dpa/C. Hoffmann

"Sie wollen die Zeitung kontrollieren, weil sie Angst vor ihr haben", sagte Burak Akbay, der sich in London aufhält, der Deutschen Presse-Agentur. Die gegen ihn und mehrere "Sözcü"-Mitarbeiter erhobenen Vorwürfe der Staatsanwaltschaft in Istanbul, Straftaten zugunsten der Gülen-Bewegung begangen zu haben, wies Akbay zurück. "Das sind konstruierte Anschuldigungen." Akbay betonte, "Sözcü" werde sich dem Druck nicht beugen.

Unter den offen regierungskritischen Tageszeitungen in der Türkei ist "Sözcü" die mit Abstand auflagenstärkste. Das von Akbay 2007 gegründete Blatt versteht sich als strikt säkular und als Verfechter der Prinzipien von Republikgründer Mustafa Kemal Atatürk. Am Freitag - an dem in der Türkei der Atatürk-Gedenktag begangen wurde - waren zwei "Sözcü"-Mitarbeiter in Polizeigewahrsam genommen worden. Auch Akbays Festnahme hatte die Staatsanwaltschaft angeordnet. Der "Sözcü"-Besitzer lebt allerdings in der britischen Hauptstadt.

"Ich traue diesen Staatsanwälten nicht"

Akbay dementierte, dass er geflohen sei. "Ich bin bislang regelmäßig in die Türkei gereist." Er werde aber von Reisen in sein Heimatland absehen, solange nach ihm gefahndet werde. "Wenn ich in die Türkei komme, werden sie mich festnehmen. Ich traue diesen Staatsanwälten nicht. In der Türkei gibt es keine unabhängige Justiz mehr." Der Verleger betonte, seine Zeitung habe seit ihrer Gründung vor der Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen gewarnt, die die Regierung für den Putschversuch vom Juli vergangenen Jahres verantwortlich macht. "Wir vertreten den säkularen Teil des Landes", sagte Akbay. Vorwürfe, er würde gemeinsame Sache mit der islamischen Gülen-Bewegung machen, entbehrten jeder Grundlage.

Aus Protest gegen die Festnahme zweier Mitarbeiter erschien die Freitagsausgabe von "Sözcü" nur mit einer einzigen Überschrift: "19. Mai Spezialausgabe zur Pressefreiheit" (Foto: picture-alliance/AP/dpa/B. Ozbilici)
Aus Protest gegen die Festnahme zweier Mitarbeiter erschien die Samstagsausgabe von "Sözcü" nur mit einer einzigen Überschrift: "19. Mai Spezialausgabe zur Pressefreiheit" Bild: picture-alliance/AP/dpa/B. Ozbilici

Als Reaktion auf die Festnahmen der "Sözcü"-Mitarbeiter war die Zeitung am Samstag mit leeren Seiten erschienen. Nur auf dem Titelblatt stand als Überschrift: "19. Mai Spezialausgabe zur Pressefreiheit". Nach Angaben der Zeitung wurden von der leeren Ausgabe deutlich mehr Exemplare verkauft als an gewöhnlichen Tagen. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt die Türkei auf Platz 155 von 180 Staaten.

Als Verleger hatte Akbay im Jahr 2013 auch in Deutschland für Aufmerksamkeit gesorgt. Damals unterbreitete er ein Angebot für die insolvente "Frankfurter Rundschau". Die Gläubiger lehnten das Angebot allerdings ab, die "Frankfurter Rundschau" wurde schließlich von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" übernommen.

sti/pg (afp, dpa, epd, ap)