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Rücktritt ist konsequent

Daniel Scheschkewitz, Washington D.C.3. Juni 2004

Mit seinem Rücktritt hat CIA–Chef Tenet Verantwortungsbewußtsein demonstriert und die Konsequenzen aus zahlreiche Geheimdienstpannen während seiner Amtszeit gezogen, meint DW-Korrespondent Daniel Scheschkewitz.

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Ist er nun gedrängt worden oder doch ganz aus freien Stücken zurückgetreten? Darüber wird man in Washington noch lange spekulieren. Tatsache ist, dass der Rücktritt eines Geheimdienstchefs wenige Monate vor der Präsidentschafstwahl zumindest ungewöhnlich ist. Noch dazu, wenn sich ein Land wie die USA durch neue Terrorangriffe bedroht fühlt.

Negative Schlagzeilen

George Tenets Rücktritt dürfte Präsident Bush dennoch nicht ungelegen kommen. Zu sehr war die CIA in den letzten Jahren negativ in die Schlagzeilen geraten. Das grobe Versagen vor den Terroranschlägen des 11. Septembers, als die US-Geheimdienste deutliche Warnsignale unbeachtet ließen, die Fehlinformationen über die angeblichen Massenvernichtungswaffen im Irak, die Unauffindbarkeit von Osama Bin Laden sind nur einige davon.

In Zeiten des Krieges sind zuverlässige Geheimdienstinformationen überlebenswichtig. Tenet hat sie zuoft nicht beschaffen können, sein Rücktritt ist deswegen konsequent und richtig. Präsident Bush hat bisher der Versuchung widerstanden, die CIA zum Sündenbock für die verfehlte Irakpolitik zu machen. Das könnte sich nach Tenets Rücktritt ändern.

Ansehen hat gelitten

Zumindest Außenminister Powell ist schon seit Monaten in einen Kleinkrieg mit der CIA verwickelt, waren es doch die Falschinformationen dieser Behörde, auf die Powell seinen spektakulären Auftritt vor den Vereinten Nationen kurz vor der Irakinvasion aufgebaut hatte. Seitdem hat nicht nur das Ansehen Colin Powells gelitten.

Amerika insgesamt stand weltweit unglaubwürig da. Und daran hatte der US-Geheimdienst mit Schuld. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass der CIA-Chef, nach allem was wir wissen, selbst unter großem Druck stand.

Rücktritt demonstriert Verantwortungsbewusstsein

Druck aus dem Pentagon, Duck aus dem Weißen Haus, die gewünschten Informationen zu liefern, mit der ein Krieg gegen Saddams Irak zu rechtfertigen war. Wie die CIA als Regierungsorganisation arbeitet, welchen Pressionen sie ausgesetzt war – das wird sicherlich Gegenstand der Kongressbefragung von Tenets möglichem Nachfolger werden.

Doch eine allzu kritische Durchleuchtung der Geheimdienste kann Bush vor den Wahlen nicht gebrauchen. Deswegen wird Tenets Nachfolger seine Amtsgeschäfte wohl erst mal nur kommisarisch führen. Ob das den globalen Terrornetzwerken das richtige Signal gibt, erscheint zweifelhaft. Ohne einen funktionierenden Geheimdienst ist der Kampf gegen den Terror nicht zu gewinnen. Tenet aber stand zu sehr in der öffentlichen Kritk, um als Geheimdienstchef noch effektiv arbeiten zu können. Mit seinem Rücktritt hat er zumindest Verantwortungsbewußtsein demonstriert.