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Rückenwind für Netanjahu

19. Februar 2009

Israels ultrarechte Partei "Israel Beitenu" hat Netanjahu offiziell ihre Unterstützung ausgesprochen. Damit wird eine rechtskonservative Regierung immer wahrscheinlicher. Welche Folgen hat das für den Friedensprozess?

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Benjamin Netanjahu (Archiv), Foto: dpa
Hat die Unterstützung von Lieberman: Benjamin NetanjahuBild: pi

Bei der israelischen Regierungsbildung sinken die Chancen von Außenministerin Zipi Livni von der Kadima-Partei. Der israelische Rundfunk meldete am Donnerstag (19.02.2009), die ultrarechte Partei von Avigdor Lieberman wolle den bisherigen Oppositionsführer Benjamin Netanjahu vom rechten Likud als Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten empfehlen. Sowohl Netanjahu als auch Livni beanspruchen die Führung der künftigen Regierung für sich. Livni hatte bei den Parlamentswahlen am 10. Februar nur einen Sitz Vorsprung vor Netanjahu geholt, letzterer hat aber bessere Koalitionschancen. Liebermans "Israel Beitenu" ("Unser Haus Israel") als drittstärkste Fraktion gilt damit jetzt als Königsmacher.

Staatspräsident Schimon Peres will in diesen Tagen entscheiden, welchem Kandidaten er offiziell den Auftrag für die Regierungsbildung erteilen wird. Nach israelischer Verfassung muss das nicht notwendigerweise der Kandidat mit den meisten Stimmen sein.

Ablehnung eines Palästinenserstaates

Wahlplakate in Israel, Foto: AP
Läuft Livni den Rang ab: Benjamin NetanjahuBild: AP

Von einer Regierung unter Benjamin Netanjahu wird allgemein ein Rechtsruck in der israelischen Politik erwartet: Der Ministerpräsident der Jahre 1996 bis 1999 hatte im Wahlkampf stets betont, er werde sich nicht von der "Sehnsucht nach Frieden einlullen lassen" und vor den Feinden Israels die Sicherheit aufs Spiel setzen. "Das bedeutet, dass Netanjahu das, was er seinerzeit begonnen hat, jetzt fortgesetzt", vermutet der Historiker Moshe Zimmermann von der hebräischen Universität in Jerusalem. Denn den in Annapolis angestoßenen Friedensprozess lehnt Netanjahu ab, ebenso wie einen eigenständigen palästinensischen Staat. Stattdessen will er die jüdischen Siedlungen im Westjordanland ausbauen, um dem "natürlichen Wachstum" der israelischen Bevölkerung Rechnung zu tragen.

Der Fatah des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas will der 59-jährige Betriebswirt bei der wirtschaftlichen Entwicklung und der Förderung demokratischer Regierungsstrukturen helfen. Einen solchen "wirtschaftlichen Frieden" hält er für wichtiger als Verhandlungen über künftige Grenzen. Die Hamas im Gazastreifen will er zerschlagen. Ein Atomprogramm des Irans will er auf jeden Fall verhindern, notfalls auch mit militärischen Mitteln.

Abschottung des Gaza-Streifens

Avigdor Lieberman, Chef von Israel Beitenu. Fot: AP
Hatte vor allem gegen die arabischen Israelis Stimmung gemacht: LiebermanBild: AP

Auch sein jetzt offizieller Unterstützer Avigdor Lieberman von der Partei Israel Beiteinu hat bereits eine "Bezwingung des Terrors" und die Absetzung der Hamas im Gazastreifen gefordert. Er setzt auf eine dauerhafte Abschottung Israels von den Palästinensergebieten: Der von der Hamas beherrschte Gazastreifen soll nach dem Willen von Israel Beitenu dauerhaft abgeriegelt werden. Außerdem will er israelische Städte mit hoher arabischer Bevölkerung ins Westjordanland ausgliedern und im Gegenzug die jüdischen Siedlungen behalten. In seinem Wahlprogramm ist von Autonomie, nicht aber von einem eigenständigen Palästinenserstaat die Rede.

Zudem hatte sich der Politikwissenschaftler Lieberman im Wahlkampf auf die israelischen Araber eingeschossen, die rund 20 Prozent der 7,4 Millionen Israelis ausmachen. Sie sollen laut Lieberman künftig einen Loyalitätseid auf den Staat Israel ablegen, wenn sie dessen Staatsangehörigkeit und das Wahlrecht behalten wollen. Schließlich fordert Lieberman laut Rundfunkbericht ein Notprogramm für eine mögliche Massenaufnahme von Einwanderern aus Europa und den USA. Er begründe diesen Punkt mit einem steigenden Antisemitismus dort, der viele Juden zur Flucht nach Israel bewegen könnte.

Welchen Einfluss haben die USA?

Ramallah (Archiv), Foto: DW
Netanjahu lehnt einen eigenständigen Palästinenserstaat abBild: AP

Zahlreiche Beobachter blicken mit Sorgen auf die wachsenden Chancen für eine rechte Regierung unter Netanjahu in Israel. "Wenn er eine Koalition mit allen Rechtsextremisten bildet, dann hat der Friedensprozess natürlich keine Chance", erklärt Mohammed Bassiuni, ein früherer ägyptischer Botschafter in Israel.

Auf der anderen Seite sei es für Israel problematisch, weil es in die Isolation geraten könnte, gibt der deutsch-israelische Journalist Gil Yaron zu Bedenken: "Eine ultrarechte Koalition unter Netanjahu, die weiter Siedlungen baut, bringt Israel auf Kollisionskurs mit den USA und Europa - beides Dinge, die Israel eigentlich nicht möchte." Anwar Eschki vom Zentrum für strategische und juristische Studien des Nahen und Mittleren Ostens in Dschidda betonte, dass sich die Welt nun auf die USA verlassen müsse, wenn der Friedensprozess nicht völlig auf der Strecke bleiben solle. "Die USA können auf jede Regierung Druck ausüben", sagte er. Obama habe einen Frieden versprochen. Darum müsse das Schicksal der Palästinenser auf seiner außenpolitischen Tagesordnung ganz oben bleiben, so seine Forderung.

Tatsächlich hängt jetzt vieles von den USA ab. In seiner ersten Amtzeit hatte Netanjahu unter dem Druck des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton den Kontakt zu den Palästinensern aufrechterhalten. Die Beziehungen zu den USA, wo er selbst aufgewachsen ist, sind ihm erklärtermaßen sehr wichtig. Sollte er auf seinen Positionen aus dem Wahlkampf beharren, würde ihn dies auf Konfrontationskurs zum neuen US-Präsidenten Barack Obama bringen. (ina)