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Fünf Jahre Hartz IV

9. Januar 2010

Mit der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum "Arbeitslosengeld II" begann zum Jahresanfang 2005 die nach ihrem Erfinder Peter Hartz benannte Reform des deutschen Sozialstaats.

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Der Schriftzug der Arbeitsmarktreform Hartz IV, geformt mit Steinen und dem Brett eines Scrabble-Spiels sowie Minifiguren einer Modelleisenbahn (Foto:dpa)
Hartz IV: eine dauerhafte Baustelle des SozialstaatsBild: dpa

Der ehemalige VW-Manager Peter Hartz - ein enger Vertrauter des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder - hatte in den Jahren zuvor schon drei Vorgängergesetze ausgearbeitet ("Hartz I bis III"). Die "Gesetze für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" sollten den Regierungsgrundsatz "Fördern und Fordern" in praktische Politik umsetzen. Mit "Hartz IV" war der Gesetzgebungsteil dieses Reformprozesses abgeschlossen.

Voraussetzungen

Blick in die Bundesagentur für Arbeit in Duisburg. Arbeitsssuchende sitzen in einem Wartezimmer. (Foto:AP)
Arbeitssuchende warten in der Bundesagentur für Arbeit in Duisburg auf Beratung und VermittlungBild: AP

Unverschuldet in Not geratene Menschen sollen in den Genuss der staatlichen Transferleistungen kommen. Sie dürfen allerdings weder nennenswertes eigenes Vermögen besitzen noch durch einen Familienangehörigen unterstützt werden können. Kleinere Grundfreibeträge werden geschont, darüber hinausgehende Werte (Immobilien, größere PKW, Lebensversicherungen oder andere Wertanlagen) werden angerechnet, das heißt sie müssen verbraucht beziehungsweise veräußert werden.

Wurde in die so genannte "Riester-Rente" eingezahlt, also eine staatlich geförderte zusätzliche Altersversorgung betrieben, wird diese ebenfalls geschont. Außerdem steht dem Hilfsbedürftigen pro Lebensjahr ein Freibetrag von 250 Euro zu. Für einen 1958 Geborene macht diese Regelung einen "Freibetrag" von 12.750,00 Euro aus.

Leistungen

Kochkurs für Hartz IV Empfänger in Frankfurt. Seit Anfang 2008 wird der Kurs angeboten. (Foto:dpa)
"Viel Geschmack für wenig Geld!" - Motto eines Kochkurses für Hartz IV-Empfänger in FrankfurtBild: picture-alliance/dpa

Für die rund 4,9 Millionen Personen, die 2009 Leistungen nach dem Hartz IV-Gesetz bezogen haben, gelten folgende Regelsätze. Die erste Person einer "Hartz IV - Bedarfsgemeinschaft" erhält 359,00 Euro, eine weitere erwachsene Person 323,00 Euro. Außerdem gibt es Zuschüsse für eine "angemessene" Wohnung, für Beiträge zur Sozialversicherung und für Kinder - gestaffelt nach Alter von 215,00 Euro bis 287,00 Euro.

Nach Berechnungen der "Bild"-Zeitung fallen die Hartz IV-Leistungen je nach Familiengröße und Wohnort unterschiedlich aus. Im Durchschnitt erhält ein Singlehaushalt 721,50 Euro. Werden Kinder von einem Elternteil erzogen, liegen die Leistungen bei 882,00 Euro. Eine vierköpfige Familie kommt auf 1169,00 Euro im Monat. Leben mehr als fünf Personen in einer Bedarfsgemeinschaft, beträgt der Durchschnittssatz 1417,00 Euro.

Anpassung

Die Regelsätze von Hartz IV werden den Steigerungen der Lebenshaltungskosten regelmäßig angepasst. Werden allgemeine staatliche Leistungen erhöht, wie zum Beispiel Kindergeld, werden diese auch Hartz IV-Empfängern gewährt. Allerdings wird dieser Betrag vom Regelsatz wieder abgezogen.

Kritik

Die Statue der Justitia, der Göttin der Gerechtigkeit, steht mit der Waage und dem Richtschwert in der Hand auf dem Römerberg zwischen roten Fahnen hinter einem Transparent mit der Aufschrft 'Weg mit Hartz IV und Agenda 2010' bei einer Demonstration des DGB in Frankfurt am Main. (Foto:dpa)
Seit Einführung der Hartz IV - Gesetze wird gegen sie protestiert. Die Gewerkschaften, die Linkspartei und inzwischen auch Teile der SPD fürchten um die soziale Gerechtigkeit in Deutschland.Bild: picture alliance / dpa

Neben der Höhe der Regelsätze steht vor allem die strikte Anrechnung von Wertanlagen, die eine Hilfsperson im Laufe des Berufslebens erworben hat, in der Kritik. Zudem ist es schwer vermittelbar, dass jemand, der viele Jahre oder Jahrzehnte gearbeitet hat, den gleichen Betrag erhält, wie jemand, der überhaupt nicht oder nur kurz gearbeitet hat.

Umstritten ist zudem die Regelung für minderjährige Kinder. Deren Bedarf wird anhand von prozentualen Werten des Regelsatzes für Erwachsene berechnet. Damit - so die Kritik - ist aber die grundgesetzlich garantierte so genannte Grundsicherung der Kinder weder errechnet noch gewährleistet.

Der Erfinder

Der ehemalige Volkswagen- Manager Peter Hartz kommt am 25. Januar 2007, dem Tag der Urteilsverkündung, ins Braunschweiger Landgericht. (Foto:AP)
Peter Hartz am Tag der Urteilsverkündung im Landgericht BraunschweigBild: AP

In Verruf geraten ist nicht nur das Gesetz, sondern auch sein Erfinder. Wegen Verwicklung in die Schmiergeld- und Korruptionsaffäre bei VW wurde Peter Hartz am 25. Januar 2007 vom Landgericht Braunschweig zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Der somit vorbestrafte ehemalige VW-Manager entging der Verbüßung einer mehrjährigen Haftstrafe nur durch ein volles Schuldanerkenntnis und durch die Zahlung einer Geldstrafe in Höhe von 576.000 Euro.

Autor: Matthias von Hellfeld

Redaktion: Hartmut Lüning