1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Russlands Syrien-Konflikt

Roman Goncharenko11. Juli 2012

Der Konflikt in Syrien belastet zunehmend das Verhältnis zwischen Russland und dem Westen. Experten zufolge geht es um mehr als nur um das Schicksal des Landes.

https://p.dw.com/p/15UxP
Flaggen von Russland und Syrien (Foto: AP)
Bild: AP

Mittlerweile ist es wie ein Ritual. Wenn die russische Führung den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad mal kritisiert, freuen sich sogleich westliche Medien und Politiker. Schlagzeilen wie "Russland bewegt sich" machen die Runde. Doch Moskau dementiert immer wieder: "Unsere Haltung hat sich nicht geändert". Diesen Satz wiederholte der russische Außenamtschef Sergej Lawrow in den vergangenen Monaten mehrmals.

Bei einem Treffen mit dem Vorsitzenden des oppositionellen Syrischen Nationalrats, Abdelbaset Seida, an diesem Mittwoch (11.07.2012) bekräftigte Lawrow einmal mehr, dass Russland einer von den Vereinten Nationen unterstützten militärischen Einmischung in den Syrien-Konflikt nicht zustimmen werde.

Sergej Lawrow (Foto: ITAR-TASS / Sergei Fadeichev), (c) picture alliance / dpa)
Sergej Lawrow will russische Haltung nicht ändernBild: picture-alliance/dpa

"Russland geht es nicht allein um Syrien"

Die bisherige russische Position in der Syrien-Frage lässt sich mit einem Satz beschreiben: "Hände weg von Syrien." Moskau wehre sich dagegen, das Schicksal seines Partners im Nahen Osten vom Ausland entscheiden zu lassen, sagt Ernst-Jörg von Studnitz, ehemaliger deutscher Botschafter in Moskau und Vorstandsvorsitzender des Deutsch-Russischen Forums, im Gespräch mit der DW. Der Russland-Kenner vergleicht den Streit zwischen Moskau und dem Westen mit dem NATO-Krieg in Jugoslawien 1999. Ähnlich wie damals wolle Russland verhindern, "dass der Westen, vor allem unter Führung Amerikas, aber auch Europas, sozusagen zum alleinigen Gestalter der Verhältnisse in Syrien wird". Dies, so von Studnitz, sei Russlands Hauptmotiv.

Ähnlich sieht es Margarete Klein von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP): "Ich glaube, für die russische Seite kommt es in Syrien nicht so sehr darauf an, dass man die eigenen ökonomischen oder militärischen Interessen dort schützt." Auf dem Spiel stehe viel mehr. "Es geht um Prinzipien der internationalen Ordnung, die Russland in seinem Sinne so festgestellt haben will: keine militärische Intervention von Außen", so die Russland-Expertin.

Der russische Flottenstützpunkt in Tartus (Foto: EPA/SANA)
Russland unterhält im syrischen Tartus einen FlottenstützpunktBild: picture-alliance/dpa

Auch Fjodor Lukjanow, Chefredakteur der Moskauer Fachzeitschrift "Russland in der globalen Politik“ betonte im Gespräch mit der DW: "Es geht nicht um Syrien." Die russische Syrien-Politik habe vielmehr mit Russlands Stellung in der Welt und seinem Einfluss auf die Weltpolitik zu tun.

Abkühlung, aber kein Kalter Krieg

Einig sind sich die Experten darin, dass der anhaltende Streit um Syrien zu einer Abkühlung im Verhältnis zwischen Russland und dem Westen geführt hat. Der Fall Syrien sei "ein belastender Faktor", meint Margarete Klein von der SWP. "Aber ich glaube nicht, dass das der entscheidende Punkt ist, der das russisch-westliche Verhältnis in Zukunft bestimmen wird", so die Expertin.

Den Streit um Syrien mit Konflikten wie im Kalten Krieg zu vergleichen sei "sinnlos", glaubt der russische Außenpolitik-Experte Fjodor Lukjanow. Auch von Studnitz schließt eine Rückkehr zu Zeiten wie im Kalten Krieg aus. Der deutsche Ex-Botschafter und Vorsitzende des Deutsch-Russischen Forums spricht lediglich von "Schwierigkeiten", die aufgrund der Lage in Syrien im Verhältnis zwischen Russland und dem Westen entstanden seien. Russland, China und der Westen seien sich einig, dass der Bürgerkrieg in Syrien beendet werden müsse. "Aber darüber, wie man ihn beenden kann, darüber ist man durchaus unterschiedlicher Auffassung", unterstreicht von Studnitz.

"Bewegung in der Syrien-Frage möglich"

Dass Russland in absehbarer Zukunft seine Haltung in der Syrien-Frage ändert, halten die Experten für unwahrscheinlich. Ausgeschlossen sei dies aber nicht. Der deutsche Ex-Diplomat von Studnitz und der russische Journalist Lukjanow glauben, dass das Schicksal des syrischen Präsidenten al-Assad einer der zentralen Punkte sei. "Wenn man Assad einen Rückzug gestattet, der sein Leben und das seiner Familie, und auch eine gewisse Vermögensposition sichert, dann könnte ich mir vorstellen, dass man Bewegung in der Syrien-Frage erzeugen kann", so von Studnitz. Russland könnte dabei "Räder in Bewegung setzen".

Portrait von Baschar al-Assad (Foto: Reuters)
Das Schicksal von Präsident Baschar al-Assad ist unklarBild: Reuters

"Assad wird früher oder später gehen", meint Lukjanow. Der russische Experte schließt nicht aus, dass dem syrischen Präsidenten Asyl in Russland gewährt werden könnte: "Dies wäre ein guter Ausweg für alle." Der russische Außenminister Lawrow bezeichnete diese Option jedoch bei einem Gespräch mit seinem deutschen Amtskollegen Guido Westerwelle am 5. Juli in Moskau als "Witz".