1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Russlands (Familien-) Krise

Markus Reher, Moskau3. Dezember 2008

Russland hat ein bedrohliches Problem: Das Land schrumpft - der Nachwuchs bleibt aus! Und das obwohl Wladimir Putin, als er noch Präsident war, das Jahr 2008 zum "Jahr der Familie" ausgerufen hatte.

https://p.dw.com/p/G7my
Bild: DW

Russen gibt es immer weniger. Auf etwa 141 Millionen schätzen russische Statistiker ihre Anzahl noch. Tendenz rapide fallend. Die Bevölkerung schrumpft jährlich um mehr als eine halbe Million Menschen. Solch ein Negativtrend ist einzigartig auf der Welt. Die UNO prognostiziert für 2050 nur noch 108 Millionen Russen. Statistiker rechnen mit einem Rückgang um zehn, die Weltbank um 17 Millionen Russen bis 2025. Jeder fünfte Einwohner sei dann älter als 65. Entsprechend würden die Staatsausgaben für Pensionen, Gesundheit und Pflege steigen.

Platz für Chinesen?

2080, so fürchten Politiker, werde es in Russland sogar nur noch 52 Millionen Einwohner geben. Das Riesenterritorium sei dann nicht mehr zu halten. Das bedeute das Auseinanderfallen des Staates, warnen sie. Schon jetzt sorgen sich viele Russen darum, dass Russlands bevölkerungsarmer ferner Osten in Chinesenhand fallen könnte.

Ex-Präsident Wladimir Putin erkannte den Bevölkerungsschwund schon 2006 als das "ernsthafteste" Problem Russlands und schuf ein "Konzept der demografischen Politik bis 2025". 2008 als das "Jahr der Familie" ist Teil davon. Riesige Plakate in Moskaus Metro werben beharrlich für Nachwuchs. Stolz hält darauf eine junge Mutter ihre Drillinge in die Kamera. Dazu der Slogan: "Das Land braucht Ihre Rekorde!" Doch das "Jahr der Familie" neigt sich dem Ende, und Russlands Demografiekurve weist weiter nach unten. Jüngste Umfragen zeigen: Die Russen wollen einfach nicht! Nur fünf Prozent können sich Nachwuchs vorstellen. Und von denen mehr als 50 Prozent allerdings nicht jetzt.

Alles eine Frage des Geldes?

Der Lebensstandard im Lande sei zu niedrig, die Kosten für Wohnung und Lebensmittel vor allem in den großen Städten zu hoch, so die Mehrzahl der Befragten. Es fehlten zudem Kinderbetreuungsplätze und hinreichende medizinische Versorgung. Und die finanzielle Unterstützung, mit der der Staat seit 2007 junge Paare locken will, Eltern zu werden, scheint den meisten noch zu gering.

Viel Spielraum hat der Kreml derzeit aber nicht. Den Großteil der Staatausgaben investiert er darin, die Folgen der Finanzkrise für Russland in Griff zu bekommen. Trotzdem, so erwarten Experten, wird die Krise spätestens nach Neujahr voll auf den Arbeitsmarkt durchschlagen. Wieder keine Zeit zum Kinderkriegen also. Es steht zu befürchten, dass dann die Finanzkrise die Familienkrise weiter verschärft.