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Russland rückt enger an die EU

Bernd Riegert, Brüssel4. Oktober 2005

Tony Blair kam ins Schwärmen, als er die mit Präsident Putin ausgehandelten Ergebnisse des EU-Russlandgipfels vorstellte. Es ging um Visa, Terrorismus und vor allem Energie - wo die Kooperation eng wie nie sein wird.

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Einig: Putin und BlairBild: dpa - Report

Der britische Premier und derzeitige EU-Ratsvorsitzende Tony Blair strahlte und auch Wladimir Putin rang sich ein scheues Lächeln ab. Blair schwärmte nach dem Gipfeltreffen der EU mit dem russischen Präsidenten Dienstag (4.10.) in London von strategischen Dimensionen und enger Freundschaft. Der russische Präsident versprach, Russland werde seine Rolle als immer wichtiger werdender Öl- und Gaslieferant für Europa nicht ausnutzen.

Austausch, nicht Abhängigkeit

Ohne russische Zurückhaltung, meint Putin, wären die Ölpreise auf dem Weltmarkt noch höher. Russland deckt zurzeit etwa ein Drittel des Rohölbedarfs in Europa. Manche EU-Länder beziehen 90 Prozent ihres Erdgases aus Russland. Trotzdem gehe es nicht um Abhängigkeit, sondern um Austausch, so Wladimir Putin: "Wir haben eine strategische Entscheidung getroffen. Wir erlauben den europäischen Partnern, auf unserem Gebiet Gas zu fördern, dafür können wir Strom in der EU verteilen. Wir wollen gemeinsam große Infrastrukturprojekte anpacken, einschließlich der nordeuropäischen Gaspipeline (von Russland nach Deutschland)." Die zuvor geäußerten Befürchtungen von Abhängigkeit seien "stark übertrieben".

Tony Blair wies in seiner Rolle als Ratspräsident der Europäischen Union Vermutungen zurück, er unterlasse Kritik an Demokratiedefiziten und heiklen Menschenrechtsproblemen in Russland mit Rücksicht auf die Wirtschaftsbeziehungen: "Konflikte, die von Zeit zu Zeit auftauchen, können wir diskutieren und lösen. Ich habe großes Vertrauen in diese Beziehung."

"Wichtiger Schritt zur Visa-Freiheit"

Über einen aktuellen Konflikt, die Politik gegenüber dem Iran, wurde zwar gesprochen, doch keine erkennbare Annäherung erreicht. Russland möchte, anders als die EU, das Atomprogramm des Iran noch nicht vom UN-Sicherheitsrat behandelt wissen, wo es über ein Veto verfügt. Als Erfolg verbucht der russische Präsident den Abschluss eines lange und zäh verhandelten Visa-Abkommens mit der EU: "Ich möchte betonen, dass wir ein Abkommen geschlossen haben für Visa-Erleichterung und Rückführung von illegalen Einwanderern. Das ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu Visa-Freiheit."

Russische Diplomaten dürfen künftig ohne Visum in die EU einreisen. Russland verpflichtet sich, illegale Einwanderer aus der EU zurückzunehmen. In Zukunft sollen auch die Visa-Regeln für russische Studenten, Wissenschaftler und Geschäftsleute gelockert werden. Russland hatte sich nach der Aufnahme der baltischen Republiken und Polens in die EU beklagt, dass dadurch der bis dahin freie Reiseverkehr weggefallen war.

Der britische Ratspräsident Tony Blair kündigte an, dass man bei der Terror- und Verbrechensbekämpfung enger zusammenarbeiten wolle: "In diesem Bereich ist bessere Kooperation ein Beitrag für unsere Sicherheit und unseren Frieden in Europa. Wir wollen deshalb die Beziehung zwischen der EU und Russland auf ein ganz neues Niveau anheben."

Neue Grundlage

Bis 2007 soll ein neues Abkommen die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und seinem größten Nachbarn Russland auf eine ganz neue vertragliche Grundlage stellen. Auch das Verhältnis zu den gemeinsamen Nachbarn Ukraine und Weißrussland soll geklärt werden. In der Ukraine hatte die EU die Demokratiebewegung unterstützt, während der Kreml das alte Regime stützte. Beziehungen zum weißrussischen Diktator Alexander Lukaschenko lehnt sie ab, ganz im Gegensatz zu Russland.