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Russland: Menschenrechtler bewerten Treffen mit Westerwelle positiv

26. November 2009

Russische Menschenrechtler haben das Treffen mit dem neuen Bundesaußenminister bei dessen Russland-Besuch gewürdigt. Die DW hat mit Ljudmila Aleksejewa und Swetlana Gannuschkina über ihren Eindruck gesprochen.

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Bild: AP/DW

Die Vorsitzende der Moskauer Helsinki-Gruppe, Ljudmila Aleksejewa, schätzt sehr, dass es Außenminister Guido Westerwelle trotz seines engen Besuchsprogramms für notwendig erachtet habe, mit Menschenrechtlern zu sprechen. Das sei "viel wert", betonte die Menschenrechtlerin. "Uns ist wichtig, dass offizielle deutsche Vertreter bei ihren Treffen mit offiziellen russischen Vertretern nicht müde werden, darauf hinzuweisen, dass es nicht nur Erdgas und Erdöl gibt, sondern auch Menschenrechte und allgemein menschliche Werte. Das ist für uns, aber meines Erachtens auch für Deutschland wichtig", sagte die Vorsitzende der Moskauer Helsinki-Gruppe im Gespräch mit der DW.

Twerskoi Gericht in Moskau
Swetlana GannuschkinaBild: DW

Ein wichtiges Signal

Auch Swetlana Gannuschkina, Vorsitzende des Menschenrechts-Komitees Bürgerhilfe, lobte das Treffen mit dem deutschen Außenminister. Zwar hätten solche Treffen eher protokollarischen Charakter, aber wenn ein so hochrangiger Gast wie der Bundesaußenminister ein Gespräch mit Menschenrechtlern suche, dann sei dies ein Zeichen des Respekts und zugleich ein Signal an die russische Staatsmacht. "Das ist sehr wichtig, weil man der russischen Staatsmacht auf diese Weise deutlich macht, dass man in Europa Menschenrechtler und deren Arbeit schätzt", so Gannuschkina. Sie sagte, die russische Staatsmacht müsse sich dieser Tatsache bewusst sein, wenn sie ihr Verhältnis zum Westen nicht erschweren wolle.

Ljudmila Alexejewa
Ljudmila AleksejewaBild: picture-alliance/ dpa

"Der Westen hat endlich begriffen"

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Kontakte zwischen russischen Menschenrechtlern und westlichen Politikern geschrumpft. Insgesamt sehen die russischen Menschenrechtler ein zunehmendes Interesse westlicher Politiker an der Lage der Menschenrechte in Russland. So fand 2009 auch ein Treffen mit US-Präsident Obama statt. "Die westlichen Staaten haben endlich begriffen, dass eine rein merkantile Politik gegenüber Russland folgenschwer sein kann, sie haben das eingesehen", sagte Aleksejewa. Sie beklagt, Russland versinke immer tiefer im Autoritarismus. Die jüngst zunehmenden privaten Kontakte zwischen russischen Menschenrechtlern und westlichen Politikern sind Aleksejewa zufolge auf einen Bewusstseinswandel im Ausland und nicht in Russland zurückzuführen. Es mache keinen Unterschied, ob Wladimir Putin oder Dmitrij Medwedjew Präsident sei.

Gannuschkina meint, dass gerade die Entwicklung in Russland den Westen zwinge, seinem Nachbarn größere Aufmerksamkeit zu schenken. "Die Euphorie über die Zerstörung des Reichs des Bösen war verfrüht, aber wir in Russland haben das schon früher begriffen. Jetzt hat man dies auch im Westen verstanden", sagte die Menschenrechtlerin. Die Bürgergesellschaft in Russland befinde sich unter gewaltigem Druck, Verbrechen und Korruption blühten. All dies schwäche das Land. "Ein schwaches Russland ist eine große Gefahr. Der Westen braucht einen stabilen und verlässlichen Nachbarn. Wenn der Westen sich die Lage in Russland anschaut, dann verfolgt er dabei auch eigene Interessen", unterstrich die Menschenrechtlerin.

Aufmerksamkeit ist wertvoll für Menschenrechtler

Das Interesse an der Entwicklung der Lage in Russland sei in Europa und in den USA etwa gleich groß, meint Aleksejewa. Es sei aber für Russland ein Unterschied, wie es von den Amerikanern oder den Europäern gesehen werde. "Amerika ist natürlich wichtig in der globalen Geopolitik, aber Deutschland steht Russland doch näher. Deswegen ist die Aufmerksamkeit des Bundesaußenministers, die er unseren Problemen widmet, so wertvoll", sagte die Vorsitzende der Moskauer Helsinki-Gruppe. Auch Gannuschkina ist der Ansicht, Russland sollte eher nach Deutschland und Europa schauen, wenn es um Entwicklungsmodelle für das eigene Land gehe.

Autor: Jegor Winogradow / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Birgit Görtz