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Russland erhöht Druck auf Georgien

5. Oktober 2006

Im russisch-georgischen Streit droht Moskau mit noch härteren Sanktionen. Betreffen würden diese auch Hunderttausende Georgier, die in Russland leben und arbeiten. Unterdessen kam es in Moskau bereits zu ersten Razzien.

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Russisches Militär bewacht die Evakuierung russischer Diplomaten aus Tiflis (29.9.2006)Bild: AP

Auslöser des jüngsten Streits zwischen Russland und Georgien war die Festnahme von vier russischen Offizieren in Georgien, die der Spionage beschuldigt und am 2. Oktober über die Grenze abgeschoben wurden. Als Reaktion hat Moskau bereits sämtliche Verkehrswege sowie den Postverkehr in die Kaukasus-Republik blockiert. Am 4. Oktober sprach sich die russische Staatsduma praktisch einstimmig für die Sanktionen gegen Georgien aus.

Der Vorsitzende des Ausschusses der Staatsduma für GUS-Angelegenheiten, Andrej Kokoschin, sagte: "Wir sind der Ansicht, dass Russland allen Grund hat, auch andere Maßnahmen zu ergreifen, darunter viel härtere, wenn sich das Vorgehen der georgischen Seite nicht ändert." Welche Maßnahmen das sein könnten, deutete der Vorsitzende des russischen Parlaments, Boris Gryslow, an. Er warf Georgien Staatsterrorismus vor: "Wir stufen das Vorgehen der georgischen Führung als Politik des Staatsterrorismus ein. Deshalb sind alle Maßnahmen, die die russische Gesetzgebung im Kampf gegen den Terrorismus vorsieht, auch gegen Georgien anwendbar." Nach einem Treffen mit Präsident Wladimir Putin drohte er Georgien mit Vergeltung bis hin zu Militärschlägen. Neben der verhängten Verkehrsblockade sei die volle Bandbreite der russischen Gesetze anwendbar, sagte Gryslow am 4. Oktober in Moskau. Die russischen Anti-Terror-Gesetze ermöglichten auch Militärschläge im Ausland.

Maßnahmen gegen Arbeiter und Flüchtlinge?

Vorerst werden jedoch finanzielle und wirtschaftliche Maßnahmen diskutiert. Erwogen wird ein Gesetz, das es in Russland arbeitenden Georgiern verbieten würde, Geld nach Hause zu schicken. Dies würde etwa eine Million Menschen betreffen und einen schweren Rückschlag für die georgische Wirtschaft bedeuten. Mit dem verdienten Geld unterstützen Hunderttausende ihre Familien in der Heimat.

In Russland leben aber auch viele Georgier, die aus Abchasien geflüchtet sind. Die meisten von ihnen halten sich illegal in Russland auf. Die Vorsitzende der Moskauer Helsinki-Gruppe, Ljudmila Aleksejewa, teilte im Gespräch mit der Deutschen Welle mit, am 4. Oktober sei der Versuch unternommen worden, georgische Flüchtlinge aus einem ehemaligen Wohnheim in der russischen Hauptstadt zu vertreiben: "Das sind Georgier, Flüchtlinge aus Abchasien, die dort seit Anfang der 90er Jahre wohnen. Da sie Flüchtlinge sind, haben sie keine ständige Registrierung, obwohl sie bereits seit 15 Jahren dort leben. Sie sind gezwungen, die Registrierung ständig zu fälschen."

Razzien in georgischen Geschäften

Unterdessen wird in Moskauer Medien, die von den Behörden kontrolliert werden, eine anti-georgische Stimmung verbreitet. Die russischen Behörden haben offensichtlich beschlossen, im eigenen Land, vor allem in Moskau, Maßnahmen zu ergreifen. So wurden in georgischen Geschäftseinrichtungen in Moskau Razzien durchgeführt, unter anderem in den Vergnügungszentren "Kristall" und "Golden Palace". Diese seien in der Hand georgischer Mafiabosse gewesen, erklärten die Moskauer Behörden später. Darüber hinaus beschlossen die Behörden unerwartet, das Gasthaus "Tiflis", das offiziellen Angaben zufolge von der Botschaft Georgiens illegal für kommerzielle Zwecke genutzt worden sei, dem Vorbesitzer zurückzugeben. Und dies sind bei weitem nicht die einzigen Meldungen dieser Art. Das Innenministerium Russlands teilte am 4. Oktober mit, der Miliz sei es gelungen, eine Killer-Bande aus Georgien und Abchasien zu stoppen, die im Moskau Auftragmorde verübt habe.

Moskau schafft Quotenregelung ab

Das Vorgehen der Rechtsschutzorgane verstößt auf den ersten Blick nicht gegen Gesetze. Dennoch stellt sich die berechtigte Frage: Haben die Ordnungshüter gezielt georgischen Kriminellen den Kampf angesagt? Zu Opfern der Hysterie werden oft gewöhnliche Einwanderer und Arbeiter aus der Kaukasus-Republik, die derzeit verstärkt ins Visier genommen werden. Die russische Einwanderungsbehörde erklärte am 5. Oktober, eine Quotenregelung abschaffen zu wollen, die vorsieht, dass jährlich eine gewisse Anzahl Georgier eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis erhalten. Künftig dürfen sich Georgier mit ihrem Visum nur 90 statt bisher 180 Tage lang in Russland aufhalten.

DW-RADIO/Russisch, Fokus Ost-Südost, 5.10.2006