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Reformbedarf

20. Mai 2010

Stärkere zivile Kontrolle, transparentere Behörden und weniger, dafür besser ausgebildete Polizisten, das sind die Ziele einer "Perestroika im Innenministerium", die die Oppositionsbewegung Solidarität vorschlägt.

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Sicherheitskräfte bei einer Demonstration in Moskau (Foto: AP)
Sondereinheiten in der KritikBild: AP

Die oppositionelle Bewegung Solidarität rät in ihrer am Dienstag (18.05.2010) vorgestellten Broschüre "Perestroika im Innenministerium", vertikale Strukturen innerhalb der Polizei zu beseitigen, um die Selbständigkeit von Bezirks-Dienststellen zu erhöhen. Ferner sollten die Rechtschutzorgane insgesamt einer stärkeren zivilen Kontrolle unterzogen und somit transparenter werden. Schließlich verlangen die Oppositionellen eine radikale Reduzierung der Mitarbeiter in den Organen des Innenministeriums.

Ilja Jaschin spricht in ein Mikrofon (Foto: DW)
Ilja Jaschin will ReformdebatteBild: Sergej Morozow

"Wir schlagen vor, eine große Anzahl von Polizisten zu entlassen, andere umzuschulen oder neue einzustellen, die aber zuvor in speziellen Polizei-Schulen ausgebildet wurden", erklärte das führende Mitglied der Bewegung Solidarität, Ilja Jaschin. Nach Ansicht des Oppositionellen könnte man die Anzahl der Polizisten halbieren, auf rund 500.000 bis 700.000 Mann. Wladimir Milow, ebenfalls Mitglied der Solidarität, verweist auf internationale Erfahrungen, wonach 350 bis 500 Polizisten pro 100.000 Einwohner optimal seien.

"Kreml an Reformen nicht interessiert"

Auch die Strukturen des Innenministeriums selbst müssten reformiert werden, meinen die Oppositionellen. Polizeisondereinheiten wie die OMON und die Inlandstruppen sollten aufgelöst, der zentrale Apparat des Ministeriums deutlich verkleinert werden. Ferner fordern die Oppositionellen die Abschaffung des Systems, nach dem die Arbeitsleistung der Polizei bewertet wird. Derzeit werden die Mitarbeiter daran gemessen, wie viele Straftaten sie aufdecken. Um ein tatsächliches Bild zu bekommen, müssten aber die Verbrechenslage und die Kriminalitätsrate bewertet werden, so die Oppositionellen.

Vertreter der OMON-Sondereinheit führen einen oppositionellen Demonstranten ab (Foto: dpa)
OMON-Einheit im Einsatz gegen DemonstrantenBild: picture-alliance/ dpa

Nach Ansicht der Vertreter der Bewegung Solidarität ist aber die Führung des Landes an einer Reform der Rechtschutzorgane nicht interessiert. Niemand gebe freiwillig Macht ab. "Der Kreml hat immer noch kein Konzept zur Reform des Innenministeriums", sagte Jaschin der Deutschen Welle. Man stelle dort nur fest, dass es Probleme gebe, aber eine Debatte werde nicht geführt. "Die Regierung ist auch nicht reif für eine solche Debatte", meint Jaschin. Und Bürger, die Kritik an der Polizei übten, würden von den Behörden unter Druck gesetzt und müssten unter Beamtenwillkür leiden.

Ohne Zivilgesellschaft geht nichts

Ihre Broschüre "Perestroika im Innenministerium" ließ die oppositionelle Bewegung Solidarität der Präsidentenadministration, dem Ministerkabinett, der Staatsduma, aber auch Premier Wladimir Putin und Innenminister Raschid Nurgalijew persönlich zukommen. Aber weder Jaschin noch Milow rechnen damit, dass die Staatsmacht ihnen Gehör schenken wird. Die Oppositionsvertreter sind überzeugt, dass eine "Perestroika im Innenministerium" nur von unten, von der Zivilgesellschaft angestoßen werden kann.

Autor: Jegor Winogradow / Markian Ostaptschuk
Redaktion: Gero Rueter