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Rumänien wehrt sich gegen US-Kritik an Lage behinderter Kinder

11. Mai 2006

Eine amerikanische Behindertenorganisation erhebt schwere Vorwürfe gegen Rumänien: Die Lage von behinderten Kindern in Heimen sei „grauenvoll“. Bukarest weist die Kritik zurück. Dennoch soll es eine Untersuchung geben.

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Waisenkind in RumänienBild: AP

Für behinderte Kinder und Jugendliche sind die Einrichtungen in Rumänien nach Angaben einer US Hilfsorganisation nach wie vor völlig unzureichend, vor allem, wenn sie Waisen sind. In einem am Mittwoch (10.05.2006) in Washington veröffentlichten Bericht der „Internationalen Organisation Rechte für geistig Behinderte“ (MDRI) heißt es, bei ihren 18-monatigen Recherchen bis 2006 sei sie auf zahlreiche, eklatante Fälle von Vernachlässigung gestoßen. Die Organisation forderte die Europäische Union auf, bei ihren Verhandlungen mit den Beitrittskandidaten auf ein Ende dieser – so wörtlich - „Menschenrechtsverletzungen“ zu drängen.

Veraltete Daten?

Dieser Bericht hat in Rumänien Empörung ausgelöst, besonders da die Behörden in Bukarest den Fall als abgeschlossen betrachtet hatten. Die rumänischen Behörden haben die Anschuldigungen der „Internationalen Organisation Rechte für geistig Behinderte“ zurückgewiesen. Der Vorsitzende der Staatlichen Behörde für den Schutz der Kinderrechte, Bogdan Panait sagte dazu: „Die Daten des Berichts sind nicht mehr aktuell, weil die 46 behinderten Kinder, über die die amerikanische Organisation spricht, zwischen 2004-2005 unter diesen Umständen gelebt haben. Die Lage hat sich aber im Herbst letzten Jahres geändert.“

Umstrittenes Vorgehen

Die Tatsache, dass viele der im Bericht erwähnten Probleme in der Zwischenzeit gelöst wurden, wird auch von verschiedenen Nichtregierungsorganisationen, die sich mit geistig behinderten Personen in Rumänien befassen, bestätigt. Sie geben zu bedenken, dass die amerikanische Organisation in ihrem Bericht häufig Bezug auf die Untersuchungen des Zentrums für Rechtswesen nimmt, eine Nicht-regierungsorganisation aus dem Netzwerk des SON (Soros Open Network), das sich mit dieser Problematik in Rumänien auseinander gesetzt hat. Das Zentrum für Rechtswesen hat sich geweigert, den Bericht der amerikanischen Organisation zu bestätigen, da dieser auf vielen alten Fällen aus dem Jahr 2004 beruht, und hat sich von der MDRI distanziert.

MDRI führt in ihrem Bericht die Missbrauchsfälle ohne chronologische Angaben auf und erweckt somit den Anschein, als wären diese weiterhin ungelöst. Obwohl ein Paragraph darauf verweist, dass die meisten untersuchten Fälle nicht mehr aktuell sind, deutet das allgemeine Bild auf das Gegenteil hin.

Premier ordnet Untersuchung an

Inzwischen hat auch die ehemalige Berichterstatterin für Rumänien im Europaparlament, die britische liberale Europaabgeordnete Emma Nicholson, dem amerikanischen Bericht widersprochen und erklärt, die angeführten Beispiele seien nicht mehr aktuell. Der rumänische Premierminister Calin Popescu-Tariceanu hat dennoch eine Untersuchung angeordnet, um den Zustand in den von der amerikanischen Organisation angeführten Institutionen zu evaluieren.

Horatiu Pepine

DW-RADIO-Rumänisch, 10.05.2006, Fokus Ost-Südost