1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Rumsfelds Rücktritt?

Daniel Scheschkewitz8. Dezember 2005

Verteidigungsminister Jung wird noch vor Weihnachten das Pentagon besuchen und dort von seinem amerikanischen Amtskollegen Rumsfeld empfangen werden. Es könnte die erste und letzte Begegnung zwischen den Beiden sein.

https://p.dw.com/p/7aU4
Daniel Scheschkewitz

Im Washingtoner Blätterwald rauscht es mal wieder. Gerüchte wollen es, dass Verteidigungsminister Donald Rumsfeld demnächst seinen Hut nehmen wird. Angeblich ist der 73-Jährige amtsmüde und will im Januar nach der Bildung der neuen irakischen Regierung seinen Rücktritt bekannt geben.

Die Spekulationen kommen nicht von ungefähr. Spätestens seit dem Folterskandal im Abu Ghraib-Gefängnis von Bagdad steht ein Rumsfeld-Rücktritt in den USA zur Debatte. Immer wieder hatte "Rummy“, wie er von einigen amerikanischen Journalisten aus Dankbarkeit für seine medienfreundlichen Auftritte genannt wird, Präsident Bush seitdem seinen Rücktritt angeboten. Zuletzt anlässlich der zweiten Amtseinführung von Bush zu Beginn dieses Jahres. Doch Bush lehnte bisher jedesmal ab.

Zahl der Kritiker nimmt zu

In Kriegszeiten wechselt man erstens nicht ohne Not den Verteidigungsminister, auch wenn er weltweit unpopulär ist. Zweitens ist Bush für seine ausgesprochene Loyalität gegenüber den eigenen Mitarbeitern bekannt. Und drittens fürchtete man im Weißen Haus bislang, ein Rumsfeld-Rücktritt wäre nur Wasser auf die Mühlen der Bushkritiker. Die sind in den letzten Monaten zwar nicht gerade weniger geworden und doch scheint die Zeit für einen Rücktritt des Pentagonchefs jetzt reifer zu sein. Wenn die irakischen Wahlen Ende nächster Woche einigermaßen erfolgreich verlaufen und im Januar eine neue repräsentative Regierung gebildet werden kann, wäre im Irak eine Zäsur erreicht, die es Rumsfeld erlauben würde, sein Amt mit Anstand und Würde niederzulegen.

Wenn ein Krieg erfolgreich ist hat er bekanntlich viele Väter. Im Falle des Irak ist es derzeit jedoch auch in den USA nicht besonders populär sich zur geistigen Vaterschaft zu bekennen. Hinzu kommt die aktuelle Folterdiskussion, die Rumsfeld ebenfalls zu schaffen macht. Neulich widersprach ihm sogar sein oberster General, US-Stabschef Peter Pace, noch dazu in aller Öffentlichkeit. Auf die Frage eines Journalisten, was US-Soldaten zu tun hätten , wenn sie im Irak Zeuge von Misshandlungen oder gar Folter würden, antwortete Rumsfeld: "Dann müssen sie das melden.“ Prompt widersprach Pace und erklärte, sie müssten mehr tun und es verhindern.

Demokratischer Nachfolger?

Der kurze Wortwechsel zeigt, das Rumsfeld selbst in den Kreisen des eigenen Militärs längst nicht mehr unumstritten ist. Viele machen Rumsfeld dafür verantwortlich, dass die Lage im Irak noch immer nicht unter Kontrolle ist, weil er die kolossalen Schwierigkeiten bei der Befriedung des Landes von Anfang an unterschätzt habe. Insider unter den im Weißen Haus akkreditierten Journalisten wollen außerdem wissen, dass Bush Freunden gegenüber Rumsfeld als "politische Belastung“ bezeichnet habe.

Das alles deutet darauf hin, dass dieses mal an den Rücktrittsgerüchten etwas dran sein könnte. Als Nachfolger wird übrigens - mal wieder - der demokratische Senator Joe Lieberman gehandelt. Lieberman war Anfang des Jahres schon als UN-Botschafter im Gespräch. Damals zierte sich der "running mate“ des früheren US-Vizepräsidenten Al Gore noch. Für Bush hätte eine Rochade Rumsfeld-Lieberman zum jetzigen Zeitpunkt enormen politischen Charme. Könnte er doch die beißende Kritik am Irak-Einsatz mit Hilfe eines angesehenen Politikers der Opposition zu mildern versuchen.